Mehrwertsteuerbefreite Hauseigentümer
Haus- und Grundeigentümer sind in steuerlicher Hinsicht eine rundum privilegierte Gruppe. Wenn wir in der Beiz einen Kaffee trinken, wenn wir ein Velo kaufen oder mit der SBB reisen: Stets zahlen wir Mehrwertsteuer, meist 7.7%, auch bei Büchern, Zeitungen oder Lebensmitteln immer noch 2.5%. Wenn Eigentümer ihr Haus oder ihre Wohnung verkaufen, müssen sie dagegen keinen Rappen Mehrwertsteuer entrichten.
Handänderungssteuern: Gemeinden verlieren über 1.5 Milliarden Franken
Bis 2004 erhoben die Gemeinden im Kanton Zürich noch eine moderate Handänderungssteuer. Bei jedem Kauf mussten je nach Besitzdauer 1.0% bis 1.5% des Kaufpreises bezahlt werden, je hälftig aufgeteilt auf Käufer und Verkäufer. Seit 2005 ist damit Schluss, nachdem eine Abschaffungs-Initiative des Hauseigentümerverbandes (HEV) mit dem populistischen Titel «Schluss mit amtlicher Verteuerung der Wohnkosten für Mieter und Eigentümer» im November 2003 knapp angenommen wurde. Im Abstimmungskampf tarnte sich der HEV als «Komitee für günstige Mieten» und warb mit dem demagogischen Slogan «Mietzinsverteuerung stoppen». Möglich wurde dieser kantonale Raubzug, weil die Handänderungssteuer im eidgenössischen Steuerharmonisierungsgesetz (STHG) nicht im Pflichtkatalog der Abgaben figuriert, welche die Kantone zwingend erheben müssen.
HEV-Plakat zur Abschaffung der Handänderungssteuer (November 2003)
Mit dem Aus für die Handänderungssteuer entgehen den Gemeinden Jahr für Jahr 120 bis 140 Millionen Franken, allein die Stadt Zürich büsst jährlich 30 bis 40 Millionen ein. Macht seit 2005 ein Minus von über 1.5 Milliarden Franken in den Gemeindekassen.
März 2013: HEV scheitert mit Senkung der Grundstückgewinnsteuer
Noch mehr ein Dorn im Auge ist der Immobilien-Lobby die Grundstückgewinnsteuer, die einen Teil der leistungslosen Gewinne bei Grundstückverkäufen abschöpft. Abschaffen kann sie diese gerechte Steuer nicht, da sie das STHG den Kantonen vorschreibt. 2009 versuchte es der HEV mit einer Initiative für eine Teilabschaffung und holte im bürgerlich dominierten Kantonsrat einen Gegenvorschlag für eine massive Reduktion der Steuersätze heraus. Die Vorlage scheiterte aber 2013 relativ deutlich an der resoluten Gegenwehr von Mitte-Links, des Mieterverbandes und der Gemeindepräsidenten (56% Nein).
Immo-Lobby setzt Reduktion der Grundbuchgebühren durch
Mehr Erfolg hatte der HEV mit seinem Kampf gegen die landesweit eh schon tiefen Grundbuchgebühren. 2009 wurden sie – gegen den parlamentarischen Widerstand von Mitte-Links – von 2.5 auf 1.5 Promille der Verkaufs- respektive Pfandsumme reduziert. Gegen eine weitere Senkung auf 1.0 Promille ergriffen AL, SP und Grüne das Behördenreferendum, scheiterten aber im Februar 2016 in der Volksabstimmung (58% Ja).
Privilegien bei der Einkommens-, Vermögens- und Erbschaftschaftssteuer
Auch bei der Einkommens- und Vermögenssteuer werden die Grundeigentümer pfleglich behandelt. Seit 2009 gelten für Immobilien unveränderte Vermögenssteuerwerte, obwohl die Preise für Einfamilienhäuser und Eigentumswohnungen seither um mehr als ein Drittel gestiegen sind. Eigentümer können für ihr Einfamilienhaus oder ihre Eigentumswohnung alle anfallenden Wohnkosten für Unterhalt und Hypozinsen abziehen und müssen sich im Gegenzug bloss einen reduzierten Eigenmietwert anrechnen lassen, der seit 2009 nicht mehr an die massiv gestiegenen Mieten angepasst worden ist.
Last but not least: In ganz grossem Umfang profitieren Grundeigentümerinnen und Grundeigentümer seit 2000 von der Abschaffung der Erbschaftssteuer für direkte Nachkommen.