Von Niklaus Scherr
SVP pusht taktisches Ja
Die meisten Ja-Sager möchten primär «ein Zeichen setzen». Sie wollen der SRG einen kräftigen Tritt versetzen und spekulieren auf tiefere Empfangsgebühren. Sie werden bestärkt von den taktischen Trittbrettfahrern in SVP und Gewerbeverband, die den beruhigenden Eindruck erwecken, nach einem Ja werde die SRG verschlankt und verjüngt wie Phönix aus der Asche steigen. SVP-Scharfmacher Gregor Rutz verkündet heuchlerisch: «Ich kann mir ein Abonnement der ‹Tagesschau› lebhaft vorstellen.» Cui bono? Wem eine Schwächung der SRG zugute kommt, muss man angesichts der medialen Ambitionen des SVP-Übervaters aus Herrliberg wohl kaum fragen.
Biedermann macht Brandstifter salonfähig
Um No Billag den Schwefelgeruch der Marktradikalen zu nehmen und sie auch moderaten Wählerinnen und Wählern schmackhaft zu machen, hat der Schweizerische Gewerbeverband (SGV) faktisch die Kampagnenführung übernommen. Spiritus rector ist SGV-Direktor Hans-Ulrich Bigler, Aktivmitglied der International Christian Fellowship, der grössten Freikirche der Schweiz, der sich im Internet selber rühmt, «eine strategische Partnerschaft mit Gott eingegangen» zu sein. Bigler übernimmt als freisinniger Biedermann die Rolle, die libertären Brandstifter potentiell mehrheitsfähig zu machen. «Wir machen No Billag salonfähig. Sie kann bis weit über die politische Mitte hinaus mehrheitsfähig werden», verkündete er Anfang Jahr stolz der Aargauer Zeitung (AZ 5.1.2018).
Lügen-Baron Bigler
Jeder, der den Initiativtext gelesen hat, weiss, dass ein Ja zu No Billag ein Nein zur SRG als öffentlich-rechtlicher Medienanstalt bedeutet. Mit dem anonym auftretenden Komitee «JA SRG: No-Billag JA» sucht H.U. Bigler, schweizweiter Rekordhalter an politischen Verdrehungen, den Stimmbürger*innen ein Nein als Ja unterzujubeln. Bigler und sein SGV-Kampagnen-Team haben sich schon früher durch dreiste Lügen hervorgetan.
2015 unterstellten sie in einem geschmacklosen Comic Doris Leuthard und Roger de Weck die Absicht, die Radio/TV-Gebühr auf 1000 Franken zu erhöhen (effektiv wird sie auf 365 Franken gesenkt).
Und 2014 überzog Bigler die Initianten der Pauschalsteuer-Abschaffungsinitiative – unter ihnen den Schreibenden – mit der Lüge, sie wollten alle Steuerabzüge abschaffen.
Der geklaute Plan B
Um No Billag weisszuwaschen, hat das Bigler-Komitee einen Plan B aus dem Hut gezaubert. Geklaut hat sie diesen beim Weltwoche-Medienjournalisten Kurt W. Zimmermann, der in einer abenteuerlichen und spitzfindigen Milchbüebli-Rechnung behauptet, nach einem Ja könne die SRG immer noch mit drei Viertel ihrer heutigen Einnahmen rechnen. Zwar verbiete die Initiative die Subventionierung von Sendern, die Subventionierung einzelner Sendungen sei jedoch zulässig. Obwohl auch nach einem Ja zu No Billag die Verfassung bei Radio und Fernsehen weiterhin alle Kompetenzen ausschliesslich dem Bund zuweist, behauptet «Zimmi», die SRG könne auch mit namhaften Zuschüssen der Kantone rechnen. Und überhaupt würden Volksinitiativen in der Schweiz eh nicht wortgetreu umgesetzt. Fakt ist jedoch: Die Initiative ist glasklar formuliert und sie kollidiert auch nicht – wie andere Volksbegehren, die deswegen nur teilweise umgesetzt wurden – mit anderen Verfassungsnormen. Damit besteht kein Spielraum für Auslegungen und taktische Verwässerungen.
Initiative entzieht SRG die Verfassungsgrundlage
Die Verharmloser und «JA SRG: No-Billag JA»–Heuchler verschweigen zudem einen entscheidenden Punkt: Die Initiative will der SRG nicht etwa nur die finanzielle, sondern auch die rechtliche Basis entziehen. Sie verlangt ausdrücklich die Streichung von Art. 93 Abs. 2 der Bundesverfassung, der die heutige Verfassungsgrundlage für die SRG darstellt:
«Radio und Fernsehen tragen zur Bildung und kulturellen Entfaltung, zur freien Meinungsbildung und zur Unterhaltung bei. Sie berücksichtigen die Besonderheiten des Landes und die Bedürfnisse der Kantone. Sie stellen die Ereignisse sachgerecht dar und bringen die Vielfalt der Ansichten angemessen zum Ausdruck.»
Medienpolitische Atombombe
Alles fake news und bullshit! Jeder, der rechnen kann, weiss: bei einem Ja wird die SRG, die wir kennen, verschwinden. Den Entzug von 1.2 Milliarden Franken Empfangsgebühren – drei Viertel ihres Budgets – kann sie unmöglich verkraften. BZ-Basel-Chefredaktor David Sieber spricht zurecht von einer «medienpolitischen Atombombe». Da gibt es nur eins: ein klares NEIN zu No Billag und eine wuchtige Abfuhr für die Marktradikalen.
Niggis Wahlblog Nr. 3: No Billag – NEIN zum Frontalangriff von rechts (PDF)