«Saustall Stadtrat ausmisten!»: Auweia, da hat sich unsere Schweizerisch-Völkische Putzequipe im Tonfall aber bös vergriffen. Irgendwie waren wir schon ernsthaft besorgt, wie sich denn Möchtegern-Stapi Filippo – oberster Schirm-Herr der Stadtreinigung und des Abfuhrwesens – unter so viel Unrat fühlen muss. Und fragten uns, ob die CVP-Überläuferin Susanne Brunner künftig nicht nur für Economiesuisse Klinken putzen, sondern für die Überväter der SVP auch noch die Böden im Stadthaus schrubben muss, welche die regierende Stapine offenbar so sträflich vernachlässigt. Böse Zungen verbreiteten schon das Gerücht, die Bauernpartei erhalte für das Ausmisten Flächenbeiträge vom Bund…
Doch schon nach weniger als 48 Stunden gab der selbsternannte Herakles in der Parteizentrale Entwarnung, die «Operation Augiasstall» wurde kleinlaut abgeblasen. Man habe gemerkt – so SVP-Präsi Tuena – «dass ‘Saustall’ nicht ganz die richtige Wortwahl war». Die Top-5-Partner waren sichtlich not amused gewesen. Und Mauro fühlte sich schaudernd an Goethes «Zauberlehrling» erinnert, den er in der Mittelschule auswendig lernen musste:
«O du Ausgeburt der Hölle!
Soll das ganze Haus ersaufen?
Seh ich über jede Schwelle
doch schon Wasserströme laufen.
Ein verruchter Besen,
der nicht hören will!
Stock, der du gewesen,
steh doch wieder still!»
Bis ihm der rettende Zauberspruch einfiel und er dem Spuk ein Ende setzen konnte:
«In die Ecke,
Besen, Besen!
Seids gewesen.»
Mit dem «Saustall»-Inserat hat die Agentur GOAL wieder einmal ein perfektes Eigengoal geschossen. Für Geschichtsbewusste hat sie zudem eine subtile historische Reminiszenz eingebaut. Schon einmal waren nämlich bei Stadtzürcher Wahlen Säuberungskommandos im Einsatz. Zuletzt im September 1933. Allerdings wurde damals mit einem Eisernen Besen gesäubert, so hiess auch das Hetzblättli der Fröntler. Heute ist es bloss ein Schrubber – oder handelt es sich gar ämänd um einen verkappten Blocher? Das Narrativ jedenfalls ist das gleiche geblieben. Damals musste die Schweizerfahne von allem Unschweizerischen, dem roten Klöti und den jüdischen Kapitalisten, gesäubert, heute der rote Unrat vom blauen Züri-Wappen weggeschrubbt werden.
Auch auf einer Webseite der Jungen SVP begegnen wir einem verunstalteten Züri-Wappen: statt im vertrauten Blau erscheint es in einem schmutzigen Rostrot. Und auch bei der JSVP geht es tierisch zu und her. Auf ihrem Cartoon sehen wir drei hypnotisiert gradausstarrende Schweinchen neben einem bösen, bösen Wolff. Um die Bösartigkeit des Wolffs zu unterstreichen, haben sie ihm einen gelben Stern mit einem anklägerischen schwarzen «AL» an die Brust geheftet.
Last but not least: auch die JSVP hat ihr Sujet aus den 1930er-Jahren geklaut, von Walt Disneys «Three Little Pigs», einem Zeichentrickfilm von 1933, der stark mit antisemitischen Stereotypen operiert. So verkleidet sich darin der böse Wolf als jüdischer Hausierer mit langer Nase, schwarzem Bart und zerlumptem Kaftan, um die drei kleinen Schweinchen zu täuschen.
Die 1930er-Jahre scheinen auf die SVP-Werber eine untergründige Faszination auszuüben. Jetzt, wo sich der gealterte Übervater ganz der Geschichte zugewandt hat, wärs vielleicht an der Zeit, wenn die Parteiführung vor der Publikation von Karikaturen, Plakaten und Inseraten jeweils bei Dr. Mörgeli einen historischen Faktencheck anfordern würde, um sich 30er-Jahre-Peinlichkeiten zu ersparen.
P.S. Zwar versucht die SVP krampfhaft, sich mit Softies wie Hans-Ueli Vogt ein semi-urbanes Image zuzulegen. Doch man spürt es: im innersten Kern ist sie eine Bauernpartei geblieben, die feuchte Scholle klebt ihr weiterhin an den Sohlen. Und ihre Politsprache – vom Stall über den Mist bis zu den Schweinen und Schafen – bleibt davon imprägniert.