Die Glückssträhne von Winzer Partner Industriearchitekten AG resp. deren Vorläuferin als Einzelfirma begann Anfang der 1990er-Jahre, als sie den Auftrag für den Neubau der zweiten Ofenlinie mit Bauten für die Rauchgasreinigung der Kehrichtverbrennungsanlage (KVA) Josefstrasse erhielt. Von da ab kann man die Firma als eine Art Hoflieferant von Entsorgung und Recycling (ERZ) ansehen.
2003-2011: Totalerneuerung KHKW Hagenholz
2003 stand die Totalerneuerung der beiden Verbrennungslinien im KHKW 2 (Hagenholz) an – eine Riesenkiste im Umfang von rund 220 Mio Franken, die vom Stadtrat als «gebundene Ausgabe» vollständig in eigener Regie, am Parlament vorbei, bewilligt wurde. Mit der Grundlagenplanung für die Anlagestrategie des KHKW 2 wurde erneut Winzer Partner beauftragt. Die Firma fungierte auch als Generalplaner für vier Teilprojekte: Erweiterung Kehrichtbunker, Erweiterung Kesselhaus, Ersatz Energiezentrale und Neubau Leitstand. Für alle vier Projekte zog sie dieselben Planungspartner bei: ACS Partner AG für die Baustatik, WSP Ingenieure AG für den Elektrobereich und Haerter & Partner AG für Heizung-Lüftung-Klima-Kälte-Sanitär (HLKKS).
2010-2014: Logistikzentrum Hagenholz
Beim Bau des Logistikzentrums Hagenholz (2010 – 2014), der mit einer massiven und von der ERZ-Führung über Jahre vertuschten Kostenüberschreitung endete (bewilligt: 72.1 Mio, effektive Kosten: 87.2 Mio Franken), finden wir erneut ACS Partner AG als Projektleiter Baustatik und WSP Ingenieure AG als Projektleiter Elektro. Die Bauleitung für das Grossprojekt lag diesmal bei der z2a gmbh. Die lediglich 2 Personen beschäftigende Kleinfirma hat gemäss telsearch.ch ihren Firmensitz an derselben Adresse im Kreis 5 wie Winzer Partner und hat – laut Synthesebericht der GPK – auch für andere ERZ-Projekte Arbeiten in deren Auftrag ausgeführt (GR 2017/299, Synthesebericht, S. 7).
2014 – 2016: Umrüstung Hagenholz für Metallrückgewinnung
Die Auftrags-Bonanza für das Planer-Quartett geht weiter: bei der Umrüstung des Schlackenaustrags im KHKW Hagenholz für die geplante Metallrückgewinnung (2014-2016), einem 39-Mio-Projekt, erhält Winzer Partner den Auftrag für Machbarkeitsstudie, Projekt, Realisierung und Koordination der Planer. Mit von der Partie sind erneut ACS Partner AG (Statik), WSP Ingenieure AG (Elektro) und Haerter & Partner AG (HLKKS).
Zwingende Submissionsvorschriften…
Bund, Kantone und Gemeinden und ihre Betriebe müssen Aufträge ab einem gewissen Betrag über eine Submission öffentlich ausschreiben. Das ist gut und sinnvoll so. Einerseits garantiert der Wettbewerb günstige Preise, anderseits verhindert er einseitige Bevorzugung von Hoflieferanten und Vergabefilz. Die Spielregeln und Schwellenwerte dazu sind in Vereinbarungen mit der WTO, in den Bilateralen mit der EU, in der Interkantonalen Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen (IVöB) und der kantonalen Submissionsverordnung (SVO) niedergelegt.
…durch Hoflieferanten-Prinzip von ERZ verletzt
Das von ERZ praktizierte Hoflieferanten-Prinzip mit Verzicht auf Ausschreibungen widerspricht offenkundig diesen rechtlich zwingenden Vorgaben. Zwar enthält § 10 der SVO einen Katalog von Ausnahmen, wann eine freihändige Vergabe trotzdem erlaubt ist. Das Merkblatt 5 der Baudirektion hält dazu aber ausdrücklich fest: «Aus dem Wortlaut der meisten Ausnahmebestimmungen ergibt sich jedoch, dass sie restriktiv anzuwenden sind.»
Im Fall Logistikzentrum haben verschiedene ERZ-Exponenten die freihändige Vergabe der Planerleistungen übereinstimmend mit dem etwas gummig formulierten § 10 Abs. 1 lit. c SVO begründet:
«aufgrund der technischen oder künstlerischen Besonderheiten des Auftrags oder aus Gründen des Schutzes geistigen Eigentums kommt nur eine Anbieterin oder ein Anbieter infrage und es gibt keine angemessene Alternative»
Die vom Stadtrat in Auftrag gegebene Administrativuntersuchung zum Logistikzentrum kommt klar zum Schluss, dass die freihändige Vergabe der Planerleistungen «rechtlich nicht haltbar» gewesen sei: «Bereits das Vorhandensein eines anderen Anbieters auf dem Markt, der den Auftrag (…) erfüllen kann, bedeutet, dass eine Alternative besteht. Daher ist die freihändige Vergabe einer Planerleistung gestützt auf § 10 Abs. 1 lit. c SVO nur sehr selten zu begründen.» (S. 15/16) Bei den Bauingenieurleistungen – so die Untersuchung – «wären bei einer öffentlichen Ausschreibung unter Konkurrenz deutlich günstigere Angebote zu erwarten gewesen.» (S. 24) Diese Feststellung kann man eins zu eins auf die freihändigen Vergaben bei den anderen Projekten übertragen.
Personen-Karussell zwischen ERZ und Planerfirmen
Damit nicht genug. Im Nachgang zum Logistikzentrum Hagenholz ist es auch zu einigen bemerkenswerten personellen Transfers zwischen ERZ und einzelnen involvierten Firmen gekommen. Per 1. Januar 2013 ging Willy U., Leiter ERZ Gebäudemanagement und Projektverantwortlicher für das Logistikzentrum, in Pension. Seine Nachfolge trat Daniela Z. an, eine der beiden Gesellschafterinnen der z2a gmbh – der Firma, welche die externe Bauleitung des Logistikzentrums innehatte. Im gleichen Zeitraum quittierte Andreas Neuhold, Sohn des vormaligen ERZ-Direktors Gottfried Neuhold, seinen Job als stellvertretender Leiter beim ERZ Gebäudemanagement und wechselte zu Winzer Partner Industriearchitekten AG. Wenig später, am 1. Oktober 2013, heuerte auch der andere z2a-gmbh-Gesellschafter, Riccardo Z., offenbar der Bruder von Daniela Z., beim ERZ-Gebäudemanagement an. Laut xing nimmt Daniela Z. seit September 2016 eine «bewusste Auszeit». Riccardo Z. arbeitet seit 1. Juni 2017 als Chefbauleiter bei WSP Ingenieure AG, einer der Firmen des Winzer Partner-Netzwerks.
ERZ-Saga Nr. 2: Das Amigo-Netzwerk (PDF)
ERZ-Saga Nr. 1: Rolf Bossard AG – FDP-Connection von der Wiege bis zur Bahre (Teil 1)
ERZ-Saga Nr. 1: Rolf Bossard AG – FDP-Connection von der Wiege bis zur Bahre (Teil 2)