Martin Wipfli und Petra Gössi: die Schwyzer FDP-Connection
Obwohl die RBAG seit Ende 2005 zu 100 Prozent der Stadt gehörte, blieb FDP-Mann Martin Wipfli, der inzwischen als Gemeindepräsident von Feusisberg (ab 2013) und als Wahlkampfleiter der FDP Schwyz politisch Karriere machte, bis heute im Verwaltungsrat. Wohl als Dank für geleistete Dienste und Stillschweigen darüber, nicht zuletzt wohl aber auch, weil ERZ für Auftragsvergaben an die RBAG einen aussenstehenden Dritten als Unterzeichner brauchte. Und Wipflis Baryon AG bekam regelmässig Aufträge, wenn im Pauli-Imperium eine neue AG aus der Taufe gehoben wurde: 2009 die Holzheizkraftwerk HHKW Aubrugg AG, 2010 die Fernwärme Zürich AG für den Weiterbetrieb der KVA Josefstrasse, 2011 die Biogas AG. Bei der Gründung der HHKW Aubrugg AG führte niemand anders als Wipflis Prokuristin, die spätere FDP-Präsidentin Petra Gössi, Regie. Mit ins Bild passt, dass die Abschlüsse der Rolf Bossard AG von der Schwyzer Wirtschafts-Treuhand AUCTOR SCHWYZ AG revidiert werden.
Von links: Martin Wipfli, Petra Gössi, Robert E. Gubler
Freisinniger Bruder-Zwist
Die RBAG war Gegenstand einer pikanten politischen Fehde. Während der stramm rechte Schwyzer FDP-Mann Wipfli bei der RBAG in Amt und Würden stand, übte sein Zürcher Parteikollege, der umtriebige Robert E. Gubler, langjähriger Präsident des Kantonalen Gewerbeverbands und politischer Strippenzieher von «Forum Zürich» und der aktuellen «Top5»-Kampagne der Bürgerlichen, scharfe Kritik. In einem programmatischen Aufsatz «Ungleiche Spiesse im Wettbewerb: Konkurrenz durch öffentliche Unternehmen aus der Sicht der KMU» warf er der RBAG staatlich gestützte Schmutzkonkurrenz auf dem Entsorgungsmarkt vor.
Wipfli übernimmt Präsidium
Im Mai 2017 mussten ERZ-CEO Urs Pauli und sein Finanzchef Thomas Pfister bei ERZ und parallel bei der RBAG den Hut nehmen. Am 19. Juni 2017 nahm die GV der RBAG von ihrem Rücktritt Kenntnis und wählte neben dem bisherigen städtischen Vertreter Thomas Bieri neu Christian Lindenmann, Leiter des ERZ-Rechtsdienstes, in den VR. Am 12. Juli 2017 meldete die RBAG diese Mutationen dem Handelsregister einschliesslich der Mitteilung, dass der bisherige Vizepräsident Martin Wipfli neu als VR-Präsident bestimmt worden sei. Bei den Handelsregisterakten liegt allerdings weder ein GV- noch ein VR-Beschluss über die Wahl von Martin Wipfli zum VR-Präsidenten der RBAG vor. Und die Nomination von Christian Lindenmann als RBAG-Verwaltungsrat erfolgte erst mit Stadtratsbeschluss 2017/882 vom 1. November 2017 – mehr als vier Monate nach seiner Wahl durch die RBAG-GV. Ungereimtheiten über Ungereimtheiten… Auch bleibt unverständlich, warum in einer entscheidenden Phase für die Zukunft oder Nicht-Zukunft der RBAG das Präsidium statt einem städtischen Vertreter ausgerechnet einem aussenstehenden Dritten und dazu noch einem Parteifreund des TED-Vorstehers übertragen wurde.
Filippo als Bestatter
Mitte Juli 2017 liess TED-Vorsteher Leutenegger zwei bisher von der RBAG ausgeführte Aufträge – die Kartonsammlung und die Bewirtschaftung der Sammelstellen rund ums Seebecken – öffentlich ausschreiben und vergab diese Anfang November äusserst kurzfristig auf Anfang 2018 an die Arbeitsgemeinschaft Loacker AG, Dübendorf / K. Müller AG, Wallisellen und die rund ums grün ag, Wetzikon. Neun RBAG-Angestellte wurden gleich an die K. Müller AG mitverkauft. Damit verlor die RBAG auf einen Schlag Aufträge im Umfang von 0.5 Mio Franken oder knapp 10 Prozent ihres Umsatzes, die Belegschaft schrumpfte von 47.6 auf 38.6 Vollzeit-Stellenwerte.
In seinem üblichen Haudrauf-Stil kündigte Filippo gleich auch per Ende 2018 vorzeitig sämtliche weiteren ERZ-Aufträge und entzog damit der zu rund drei Fünfteln von ERZ-Jobs abhängigen RBAG faktisch die Existenzgrundlage. Geht das so weiter, besteht die Substanz der RBAG bald nur noch aus dem Werkareal in Oberhasli, das mit 8.5 Mio Franken in den Büchern figuriert. Obwohl der Gemeinderat für Liegenschaftsverkäufe ab 1 Mio Franken Verkehrswert zuständig ist, stellt sich der Stadtrat in seiner Antwort auf eine AL-Anfrage auf den Standpunkt, für einen allfälligen Verkauf sei er allein zuständig, da es sich lediglich um eine Veräusserung der städtischen Kapitalbeteiligung an der RBAG in Höhe von 450’000 Franken handle (GR 2017/459).
40 Arbeitsplätze in Gefahr
Ob es zu einer kalten Liquidation oder einem Verkauf der RBAG kommt und wie es mit den knapp 40 Ladern und Chauffeuren der RBAG weitergeht, ist zurzeit völlig offen. Anlässlich der Budgetdebatte wurde einstimmig ein AL-Postulat überwiesen, das eine sozialverträgliche Reorganisation der Geschäftsbeziehungen zwischen ERZ und RBAG unter Einbezug der Gewerkschaften und eine Übernahme der Chauffeure und Lader durch die Stadt verlangt (GR 2017/426). Pendent ist zurzeit eine dringliche Interpellation der AL zum weiteren Vorgehen des Stadtrats (GR 2018/25). Affaire à suivre.
ERZ-Saga Nr. 1: Rolf Bossard AG – FDP-Connection von der Wiege bis zur Bahre, Teil 1 (PDF)
ERZ-Saga Nr. 1: Rolf Bossard AG – FDP-Connection von der Wiege bis zur Bahre, Teil 2 (PDF)