Seit Jahren lässt Entsorgung und Recycling (ERZ) einen Teil der Entsorgungsaufträge von der 100-Prozent-Tochter-Firma Rolf Bossard AG (RBAG) ausführen. Die Löhne der RBAG liegen weit unter dem städtischen Niveau: Die Bruttolöhne der Chauffeure liegen auf der Basis von 13 Monatslöhnen bei 5250 Franken, die der Belader bei 4010 Franken.
Jetzt zerlegt Filippo Leutenegger die Firma und schiebt das Personal an private Fuhrwerker ab – wie das der Spiritus Rector von «Top5», Robert Gubler, schon vor Jahren angemahnt hat*. Sämtliche Verträge zwischen dem ERZ und der RBAG sind per Ende September bzw. Dezember 2018 gekündigt worden. Zwei bisher von der RBAG für ERZ ausgeführte Aufträge – die Sammlung und Verwertung von Karton aus Haushaltungen und Betrieben und die Bewirtschaftung der Sammelstellen am Zürichsee – sind bereits an private Unternehmen (Loacker Swiss Recycling AG, Dübendorf und rund ums grün ag, Wetzikon) vergeben worden. Drei Chauffeure und sechs Belader sind mitverkauft worden.
Kalte Abwicklung vernichtet Volksvermögen
Mit seinem einsamen Entscheid**, die RBAG kalt abzuwickeln, vernichtet Filippo Leutenegger städtisches Vermögen, das zur Erfüllung städtischer Aufgaben aufgebaut worden ist (die RBAG ist dem Verwaltungsvermögen zugeteilt). Ende 2018 wird die Substanz der RBAG faktisch nur noch aus dem 13’400 m2 grossen Werkareal in Oberhasli bestehen, das Ende September 2017 einen Buchwert von 8,5 Mio Franken aufwies. Weder eine Integration der RBAG in die Stadtverwaltung, wie sie 2005 von den Gemeinderäten Gerold Lauber und Balthasar Glättli als Option angeregt worden ist (GR 2005/489), noch ein für die Stadt Zürich mit grosser Wahrscheinlichkeit vorteilhafterer Verkauf von Teilen der Firma ist vom Stadtrat ernsthaft geprüft worden.
Es ist davon auszugehen, dass Filippo Leutenegger als grosses Finale die mangels Aufträgen entwertete städtische Rumpffirma verkaufen will. Als faktischer Liquidator soll der im Sommer 2017 als VR-Präsident der RBAG eingesetzte Martin Wipfli von der Baryon AG fungieren. Auch bei diesem Schritt soll der Gemeinderat aussen vor bleiben. Zwar liegt die Kompetenz für den Verkauf von Liegenschaften ab 1 Million Franken beim Gemeinderat. Die Veräusserung des Werkareals in Oberhasli soll jedoch als Verkauf einer Beteiligung vom Stadtrat in eigener Kompetenz beschlossen werden.
Stadtrat muss als Gesamt-Gremium Verantwortung übernehmen
Leuteneggers Performance als politischer Chef des Zürcher Abfuhrwesens liegt im tiefroten Bereich. Sein bisheriges Vorgehen bei der ERZ-Krise ist von einem unsteten Hüst-und-Hott gekennzeichnet, noch immer hat er keinen Nachfolger für Urs Pauli gefunden. Die AL fordert den Stadtrat auf, jetzt als Gesamtgremium die Verantwortung für die RBAG zu übernehmen. Statt mit überstürzten Hauruck-Kündigungen müssen submissionsrechtliche Probleme auf Basis einer soliden Auslegeordnung angegangen werden. Dabei müssen die Interessen der RBAG-Angestellten, die als Mitarbeiter eines städtischen Unternehmens seit Jahren zu Dumpinglöhnen arbeiten, der Erhalt des städtischen Vermögens und die Sicherung einer effizienten Entsorgungslogistik im Vordergrund stehen. Das verlangt auch ein anlässlich der Budgetdebatte einstimmig überwiesenes Postulat der AL-Fraktion (GR 2017/426).
Weitere Informationen sind in der Antwort auf die dringliche Anfrage 2017/459 der AL-Fraktion vom 16. Dezember 2017 enthalten: http://www.gemeinderat-zuerich.ch/Geschaefte/detailansicht-geschaeft/Dokument/037ede94-b159-44de-8cd4-c88358006c05/2017_0459.pdf
Zürich, 18. Januar 2018
* Robert E. Gubler. „Ungleiche Spiesse im Wettbewerb: Konkurrenz durch öffentliche Unternehmen aus Sicht der KMU“
** Weder die Öffentlichkeit noch die zuständige Kommission des Gemeinderats ist informiert worden. Wie weit der Stadtrat in den Entscheid einbezogen war, der RBAG die Aufträge zu entziehen und an Dritte zu vergeben, ist nicht bekannt.