Genossenschaftlich geführte Betriebe, wie sie in den 70er- und 80erJahren in der Alternativszene üblich waren, sind heute eher spärlich gesät. Viele Betriebe von damals, sofern sie noch existieren, haben die Struktur verändert, hin zu hierarchischen Modellen oder Zwischenformen wie dem Führungskollektiv, weg von Lohngleichheit und Basisdemokratie. Sogenannt flache Hierarchien sind zwar heute in der Wirtschaft fast schon üblich, etwa bei Grossunternehmen wie google. Sie binden die Mitarbeitenden enger an die Betriebe, machen sie zufriedener und damit produktiver – mitzubestimmen haben die Angestellten aber letztlich kaum etwas.
Ich habe 20 Jahre im kollektiv geführten Restaurant Ziegel in der Roten Fabrik gearbeitet und dabei viele Stationen der Betriebsführung durchlaufen. Das basisdemokratische System habe ich zwar oft als träge erlebt, aber nie als Stillstand.
Natürlich bestehen auch in einem kollektiv geführten Betrieb gewisse Machtstrukturen, die Meinung von Mitarbeitenden mit grösserer Erfahrung, von besonders Engagierten oder auch nur von rhetorisch Gewandteren hat oft mehr Gewicht. Aber weil jede und jeder Einzelne im Team es gewohnt ist, sich eigene Gedanken zu machen, bewahrt eine basisdemokratische Kontrolle das Kollektiv meist vor einer Machtkonzentration.
Selbstbestimmt zu arbeiten, dieses Ziel kann auch und gerade heute, wo unter grossem Druck und mit faktischem Weiterbildungszwang gearbeitet werden muss, mindestens so lohnend sein wie vor Jahrzehnten. So wurden in letzter Zeit wieder vermehrt junge Kollektivbetriebe gegründet, die neue Formen der Zusammenarbeit erproben. Denn was den Fortschritt meines Erachtens am meisten hemmt, sind Mitarbeitende, die Ideen abklemmen mit dem Argument, das hätten sie schon mal erfolglos probiert. Und das gilt bei weitem nicht nur für Alternativbetriebe…
Patrik Maillard, AL-Spitzenkandidat Kreis 10