Von Mischa Schiwow, Gemeinderat AL
Bis 2050 soll ein Drittel aller Mietwohnungen in der Stadt gemeinnützig und der Spekulation entzogen sein. Das haben die Stimmberechtigten 2011 mit überwältigendem Mehr (76%) entschieden.
Der Immo-Deal der Stadt mit der Swiss Life setzt jedoch wohnpolitisch ein völlig verkehrtes Zeichen. Das Seefeld weist mit Abstand die wenigsten gemeinnützigen Wohnungen und die höchsten Mietpreise auf. Ausgerechnet in diesem Quartier soll ein Grundstück an bester Lage verschachert werden. Ausgerechnet an den grössten Player im Miet-Monopoly, die Swiss Life, die vor drei Jahren von Urs Ledermann 19 Seefeld-Liegenschaften zu Rekordpreisen erworben hat und mit ihrer spekulativen Mietpolitik massgeblich zur Gentrifizierung im Kreis 8 beiträgt.
Dieser Deal ist schlecht für das Seefeld-Quartier. Ich sage das als Gemeinderat der Kreise 7/8, der gerade erst nach sechs Monaten intensiver Suche eine einigermassen bezahlbare Wohnung am Kreuzplatz gefunden hat.
Rämistrasse 39: Drastische Mietaufschläge oder Rausschmiss
Die Liegenschaft Rämistrasse 39 beherbergt seit über drei Jahrzehnten ein stadtbekanntes Traditionsgeschäft, den Brillenspezialisten Iselin mit einer speziellen Abteilung für Kinder. Daneben bestehen weitere Angebote, welche die gesundheitliche Nahversorgung in den Kreisen 1, 7 und 8 sicherstellen: ein Spezialist für Kinderzahnmedizin, zwei Arztpraxen und ein Therapiezentrum der Stadt Zürich für Logopädie und Psychomotorik. Im Moment sind die Mieten tragbar. Nach der Übernahme drohen massive Mietaufschläge oder gar der Rausschmiss, wenn die Swiss Life profitablere Nutzungen wie Wirtschaftskanzleien etc. einquartieren will. Notabene: Für die bisherigen Mieter hat die Stadt – ausser für die von ihr selbst gemieteten Räume – keinerlei Schutzklauseln (Mindestmietdauer, Sperrfrist für Erhöhungen) ausgehandelt…
Luxus-Lofts an der Hallenstrasse im Seefeld
Statt selber preisgünstige Wohnungen zu erstellen, gibt die Stadt am Eingang des Seefelds ein Grundstück aus der Hand, auf dem ein funktionsuntüchtiges Parkhaus vor sich hin modert, das längst abgerissen sein sollte. Es besteht kein Zweifel, dass die Swiss Life hier Luxus-Lofts erstellen wird. In einem Quartier wohlgemerkt, wo eine 4-Zimmer-Wohnung im „mittleren Preissegment“ jetzt schon gerne 4‘000 Franken kostet.
Überteuerte Wohnungen an der Spiegelgasse
An der Spiegelgasse 1 erwirbt die Stadt zusammen mit dem Cabaret Voltaire vier Wohnungen mit Mieten im oberen Preissegment: von 2‘500 Franken für eine 2.5 Zimmerwohnung bis 5‘200 Franken für eine 4.5 Zimmerwohnung. An diesen Preisen soll sich nach dem Willen des Gemeinderats nichts ändern. Dass hier Wohnungen der Spekulation entrissen werden, wagen nicht einmal die Befürworter zu behaupten.
Negative wohnpolitische Bilanz
Die wohnpolitische Bilanz ist rundum negativ:
- Neben sechs Wohnungen in der Enge erhält die Stadt vier komplett überteuerte Altstadtwohnungen, die gemäss Gemeinderatsentscheid explizit nicht der Kostenmiete unterstellt, sondern weiterhin nach Marktmietprinzipien bewirtschaftet werden sollen;
- Im Gegenzug opfert sie ein Areal im Seefeld der Spekulation, auf dem sie oder ein gemeinnütziger Bauträger 15 bis 20 kostengünstige 3-Zimmer-Wohnungen erstellen kann.