Heute präsentiert das Sozialdepartement der Stadt Zürich seine neue Strategie im Bereich der sozialen und beruflichen Integration „Arbeitsmarkt 2025“. Der Stadtrat spricht zu Recht von einem Paradigmenwechsel – von Sanktionierung zur Befähigung. Die Alternative Liste begrüsst diesen überfälligen Schritt und wird die Umsetzung genau beobachten. In der Sozialhilfe gilt heute das Gegenleistungsprinzip: Wer finanziell unterstützt wird, kann zu gewissen Leistungen gezwungen werden. Die Stadt Zürich spielte unter der damaligen Sozialvorsteherin Monika Stocker bei der Einführung dieses Prinzips in der Sozialpolitik eine Vorreiterinnenrolle. Zürich führte 2002 das sogenannte Chancenmodell ein und verankerte damit den Legislaturschwerpunkt „Arbeit statt Fürsorge“ in ihre Sozialpolitik.
Integrationsmassnahmen oft kontraproduktiv
Diesen Richtungswechsel bezeichnet der Soziologe Kurt Wyss als Wandel von „welfare“ zu „workfare“. Im aktivierenden Sozialstaat sind als arbeitsfähig eingestufte Sozialhilfebeziehende verpflichtet, für die ihnen zustehenden Sozialhilfeleistungen an Arbeitsintegrationsmassnahmen teilzunehmen. Die mit den Massnahmen zusammenhängenden finanziellen Kürzungen sollen unter anderem die Erwerbslosen motivieren, ihre Situation aktiv zu verändern. Die Aktivierungspolitik im Sozialstaat unterstellt damit den Betroffenen Passivität; die Verantwortung für die finanzielle Lage der Einzelnen wird individualisiert. Auch aufgrund der Forschungslage kann die Verpflichtung zur Teilnahme an Integrations- und Beschäftigungsprogrammen nicht als zumutbare Massnahme betrachtet werden. Eine SECO-Studie wies schon 2009 auf die oft kontraproduktiven Wirkungen von Integrationsmassnahmen hin.
AL gegen sanktionierende Sozialhilfe
Die AL hat sich von Anfang an gegen diese disziplinierende und sanktionierende Sozialhilfe ausgesprochen. 2014 hat die AL anlässlich einer Beitragsweisung für Arbeitsintegrationsmassnahmen in einer Fraktionserklärung erneut auf den schädlichen Zwangscharakter dieser Integrationsprogramme hingewiesen und gefordert, dass die Teilnahme an den Angeboten auf freiwilliger Basis erfolgt und bei einer Nichtteilnahme keine Sanktionen verhängt werden.
Nun will die Stadt ab Mitte 2018 in der beruflichen Integration auf mehr Freiwilligkeit setzen. Aus Sicht der AL ist diese Neuausrichtung ein Schritt in die richtige Richtung. Wir begrüssen auch, dass vor allem bei den 18-25-jährigen Sozialhilfebeziehenden vermehrt auf Bildung gesetzt werden soll. Problematisch ist aus Sicht der AL, dass Sozialhilfebeziehende neu in 4 Zielgruppen unterteilt werden und die als qualifiziert, aber nicht motiviert eingestuften Sozialhilfebeziehenden weiterhin sanktioniert werden können. Diese Unterscheidung in „gute“ und „schlechte“ Sozialhilfebeziehende lehnt die AL dezidiert ab. Die AL wird bei der Umsetzung der neuen Strategie genau hinschauen – denn auch Menschen ohne ausreichendes Einkommen haben Rechte und ganz besonders das Recht auf ein würdevolles Leben.
(Medienmitteilung vom 31. Oktober 2017)
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