Die Finanzkraft der Stadt Zürich ist gross. Das zeigt der Rekordbetrag von 467 Millionen Franken, den die Stadt Zürich im kommenden Jahr in den kantonalen Ressourcenausgleich einzahlen wird. Das sind mehr als 15 Prozent des gesamten Steuerertrags. Vor vier Jahren waren es noch 200 Millionen weniger.
Die Finanzkraft der Stadt Zürich ist Produkt der rasanten Veränderung der sozioökonomischen Zusammensetzung der Stadtbevölkerung. Die Statistiker sagen uns, dass das Wachstum die Stadt Zürich gebildeter und einkommensstärker gemacht hat. Die jüngste Auswertung der Steuerdaten bestätigt diese Feststellung. Zwischen 2002 und 2014 ist der Anteil der Steuerpflichtigen mit einem moderaten steuerbaren Einkommen von 20‘000 bis 60‘000 Franken trotz Wachstum zurückgegangen. Dafür ist die Gruppe mit einem steuerbaren Einkommen zwischen 60‘000 und 150‘000 Franken stark gewachsen.
Zürichs Anspruch, eine Stadt für alle zu sein, wird immer weniger eingelöst. Dank ihrer Finanzkraft hätte die Stadt die Mittel, dem entgegenzuwirken:
- Mit anderen Akzenten in der Wohn- und Sozialpolitik könnte der Stadtrat dafür sorgen, dass die Verdrängung einkommensschwächerer Haushalte gebremst wird.
- Mit gezielten Investitionen in die Bildung könnte zudem erreicht werden, dass der wirtschaftliche Erfolg der Stadt Zürich wirklich allen zugutekommt.
Doch davon spüren wir wenig.
Die AL vermisst einen Aktionsplan zum Erhalt von preisgünstigem Wohnraum. Die städtische Liegenschaftenverwaltung kündet sogar an, künftig mehr Siedlungen als bisher abreissen und neu bauen zu wollen. Wir verstehen im Übrigen auch nicht, warum der Fokus der Quartierkoordination nicht viel stärker auf Siedlungen ausgerichtet wird, in denen Menschen von Verdrängung bedroht sind. Gar kein Verständnis haben wir dafür, dass das Sozialdepartement Familien, die zwar in prekären Verhältnissen leben aber keine Sozialhilfe beziehen, bei der Wohnungssuche keine Hilfe anbietet.
Wir verstehen nicht, warum der Stadtrat in der Finanzplanung nicht viel stärker als heute auf die Bildung fokussiert. Bis 2021 sollen die Ausgaben des Schul- und Sportdepartements zwar um 12 Prozent steigen. Angesichts rasant wachsender Kinderzahlen und den viel zu lange vernachlässigten Investitionen in Schul- und Sportbauten ist aber schlicht nicht erkennbar, wie mit den bereitgestellten Mitteln Angebot und Qualität von Schule, Betreuung, musikalischer Förderung und Sportstätten mit der steigenden Nachfrage Schritt halten können. Ohne neue Akzente in der Finanzpolitik wird der geplante Aufbau von Tagesschulen ganz sicher nicht gelingen können.
Wir fordern den Stadtrat auf, über die Bücher zu gehen. Die Finanzen sind zwar im Lot. Ein “weiter so!” ist aber keine Perspektive.