Von Niklaus Scherr, Alt-Gemeinderat AL
Ursprünglich wurde die Spiegelgasse 1 von der Swiss Life (SL) resp. deren Immobilientochter Swissville AG erworben. Die jetzt für 12.8 Mio Franken verkaufte Liegenschaft wechselte um die Jahrtausendwende für geschätzte 4.5 bis höchstens 6 Mio Franken die Hand. Am 10. November 2010 verlängerte der Gemeinderat den Mietvertrag mit der Swissville AG bis 2017. Kurz danach, am 18. Januar 2011, übertrug die Swiss Life die Liegenschaft auf die Anlagestiftung Swiss Life. Der Zeitpunkt war nicht zufällig: die Swiss Life wusste, dass sie mit der Stadt einen langfristigen Mieter mit einer Maximalmiete auf sicher am Haken hatte, und konnte mit dem Übertragungsgewinn Kasse machen. Die Anlagestiftung verwaltet für die dort investierten Pensionskassen aktuell ein Immobilien-Portfolio von 2’669 Mio Franken. Sie stellt für die Swiss Life eine Art finanzielles Perpetuum Mobile dar:
- In einem ersten Schritt lagert die Swiss Life ein Paket eigener Immobilien in die Stiftung aus und kassiert den Aufwertungsgewinn samt 2% Provision;
- Anschliessend kassiert die Immobilienabteilung der Swiss Life von der Anlagestiftung regelmässig ein unverschämtes Geschäftsführungs-Honorar: 2015/16 waren das – neben dem ordentlichen Bewirtschaftungshonorar für die Swiss-Life-Tochter Livit – knapp 16 Mio Franken oder nicht weniger als 11.42% der Mieteinnahmen! Dass es auch ganz anders geht, zeigt etwa die von verschiedenen Pensionskassen getragene Immobilien-Anlagestiftung Turidomus: sie begnügt sich mit 0.5 – 0.8% der Mieteinnahmen…
Laut Geschäftsbericht operiert die Anlagestiftung mit hohen Bruttorenditen von 4.7 – 4.8%. Um dieses Niveau zu erreichen, müssten die heutigen Mieten an der Rämistrasse 39 um mindestens ein Drittel erhöht werden.
Swiss Life: Von der Genossenschaft zum Immo-Specki
Vor 25 Jahren hiess sie noch Rentenanstalt, war eine Genossenschaft auf Gegenseitigkeit und nicht an der Börse kotiert. Und betrieb eine pragmatische, eher zurückhaltende Mietpolitik. Tempi passati. Heute heisst sie Swiss Life, ist an der Börse und betreibt eine forsche Acquisitions- und Vermietungspolitik. 2014 hat sie von Urs Ledermann für 273 Mio Franken 28 Liegenschaften – davon 19 im Seefeld – erworben und treibt damit die Gentrifizierungs-Spirale im Kreis 8 weiter an. 2012 hat sie der Swiss Prime Site die Eckliegenschaft am Helvetiaplatz (Café BANK) für einen Rekordpreis von 34.5 Mio Franken abgekauft. Und den Kleingewerbler Andys Tierhüüsli nach 15 Jahren harter Arbeit mit einer völlig überrissenen Mieterhöhung rausgeekelt. Über ihre Tochter Livit AG – hinter Wincasa die Nummer 2 – bewirtschaftet die Swiss Life 150’000 Mietobjekte mit einem Liegenschaftenwert von 36 Milliarden Franken.
Manor: Swiss Life als Bahnhofstrasse-Killer
Mit acht Liegenschaften – letzte Acquisition das Franz-Carl-Weber-Haus – ist Swiss Life heute der grösste Grundeigentümer an der Bahnhofstrasse und einer der aggressivsten Player im City-Monopoly. Statt dem Warenhaus Manor will die Swiss Life an der Bahnhofstrasse kleinere Boutiquen und Anwaltskanzleien einquartieren, die mehr Profit bringen. Für die Vertragsverlängerung bis zum definitiven Rausschmiss verlangt sie für die 10’000 Quadratmeter Mietfläche 19 statt der bisher 6 Millionen Franken Miete – mehr als das Dreifache, weit über dem, was ein Verkaufsgeschäft vom Umsatz her erwirtschaften kann. Der unmittelbar benachbarte Jelmoli zahlt – nach einer kräftigen Mieterhöhung im Jahr 2013 – an die Swiss Prime Site AG aktuell 29 Millionen Franken – allerdings für die dreieinhalbfache Fläche. Das sind 788 Franken pro m2 und Jahr, etwas mehr als Manor heute zahlt, aber weit entfernt von den 1’900 Franken, die Swiss Life neu fordert.
2.8 Milliarden steuerfreie Dividenden
Um die Manor-Abzocke zu rechtfertigen, erklärte Swiss-Life-Immobilienchef Martin Signer salbungsvoll: «In unseren Immobilien steckt das Geld der Versicherten, ihnen sind wir verpflichtet.» (20 Minuten 25. September 2013) Traurige Tatsache ist, dass von den aus eigenen und verwalteten Immobilien herausgepressten Mieteinnahmen ein schöner Teil in den Taschen der Swiss-Life-Aktionäre und nicht auf den Konten der Rentnerinnen und Rentner landet.
Seit 2005 hat die Swiss Life insgesamt 2 808 Millionen Franken Dividenden ausgeschüttet. Allesamt steuerfrei: von 2005 bis 2011 reduzierte Swiss Life durch Rückzahlungen schrittweise den Nennwert der einzelnen Aktien, ab 2012 schüttete sie – Merz sei Dank – die Kapitaleinlagereserven aus.