«Ziel ist, ein bedarfsgerechtes und bezahlbares Betreuungsangebot für Vorschulkinder zu schaffen, damit Familie und Beruf vereinbar sind.» – So steht es in den 2015 verabschiedeten Legislaturschwerpunkten des Stadtrats. Weil man im Rahmen der Sparbemühungen bei der Finanzierung der KiTas auf die Bremse getreten ist, sieht die Bilanz ein Jahr später nicht so toll aus. Ob man dank der neuen Verordnung über die familienergänzende Kinderbetreuung, die am 31. Mai im Gemeinderat verabschiedet wird, dem Ziel der Vereinbarkeit von Familie und Beruf dennoch näherkommt, ist fraglich.
Die Zahlen deuten klar in eine andere Richtung. 2014 gab die Stadt Zürich 68,4 Millionen aus, um die KiTa-Kosten für berufstätige Eltern mit Kindern zu reduzieren. 2016 waren es nur noch 65,5 Millionen. Zürich wird zwar als attraktiver Standort gelobt. Im Gegensatz zu den umliegenden Ländern und den Westschweizer Kantonen tragen Eltern hier aber einen bedeutend höheren Anteil der Kosten für die Kinderbetreuung. In Frankfurt sind es 14%, in Salzburg 24%, in der Waadt 38%, in Zürich 69% – Tendenz steigend.
Eine Trendwende hätte das Jahr 2016 bringen sollen. Nach der Abschaffung der Kleinkinderbetreuungsbeiträge für wenig verdienende Eltern verkündete der Stadtrat, dass die freiwerdenden Mittel zu mindestens zwei Dritteln für die Erhöhung der KiTa-Subventionen verwendet werden sollen und die Anzahl der von der Stadt mitfinanzierten KiTa-Plätze nicht mehr kontingentiert werde. Zu diesem Zweck wurde im Sommer 2016 vom Budget der auslaufenden Kleinkinderbetreuungsbeiträge 2,8 Millionen Franken in die Mitfinanzierung von KiTas übertragen.
Somit standen für die Mitfinanzierung der KiTa-Kosten insgesamt 69,7 Millionen zur Verfügung. Von diesem Budget sind aber nur 65,5 Millionen Franken ausgeschöpft worden – kein müder Rappen mehr als im Vorjahr. Und das obwohl gemäss Angaben der Stadt gegen 1000 Eltern von in KiTas betreuten Kinder aufgrund ihrer Arbeitstätigkeit und ihres Einkommens Anspruch auf Beiträge der Stadt gehabt hätten.
Der Stadtrat behauptet, dass mangelnde Information Grund für die Nichtausschöpfung der städtischen Gelder sei. Viel wichtiger dürften die Anreize sein. KiTas entscheiden selber, ob Eltern einen von der Stadt mitfinanzierten Platz erhalten oder nur als sogenannte Vollzahlende akzeptiert werden. Vollzahlende produzieren nicht nur weniger bürokratischen Aufwand, sie zahlen auch die vollen Kosten für den von ihrem Kind in Anspruch genommenen Krippenplatz. Letzteres fällt besonders stark ins Gewicht. Für einen von der Stadt mitfinanzierten Betreuungstag darf nur der städtische Kostensatz von durchschnittlich 111 Franken verrechnet werden. Die Lücke zu den realen Kosten, die je nach KiTa zwischen 115 und 130 Franken liegen, müssen die Einrichtungen anderweitig finanzieren.
Mit der anstehenden Revision der Verordnung über die familienergänzende Kinderbetreuung werde alles ganz anders, versichert die Stadt. In der Tat soll der bürokratische Aufwand der KiTas für von der Stadt mitfinanzierte Betreuung reduziert und der Normkostensatz von 110 auf 120 Franken erhöht werden. Um die Kosten der Stadt niedrig zu halten, haben die Sparapostel im Zürcher Stadtrat aber bestimmt, dass die KiTas pro Jahr nur noch 240 Betreuungstage in Rechnung stellen dürfen und 4 Wochen Betriebsferien machen sollen. Weil die KiTas im Schnitt aber 248 Tage pro Jahr offen haben, wird also weiterhin eine Lücke in der Betriebsrechnung der KiTas klaffen.
2,5 Millionen Franken mehr müsste die Stadt Zürich aufwenden, um die realen 248 Öffnungstage der KiTas nach dem Normkostensatz zu finanzieren. Das ist dem Stadtrat offenbar zu viel. Peinlich. Und kleinlich.
Zürich, 19. Mai 2017
Ezgi Akyol, Gemeinderätin AL
Artikel erschienen im P.S. vom 19. Mai 2017
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Artikel im Tages Anzeiger zum Thema, erschienen am 19. Mai 2017:
‹Zwangsferien für Krippenkinder
Demnächst wird der Zürcher Gemeinderat über ein neues Finanzierungsmodell für subventionierte Krippenplätze entscheiden. Die Revision, die voraussichtlich genehmigt wird, stösst bei etlichen Kinderkrippen auf Ablehnung.
Nun wirft das Geschäft seine Schatten bereits voraus: Die Stiftung GFZ prüft in ihren Kitas die Einführung einer Woche Betriebsferien im Sommer. Auch an Brückentagen vor und nach Feiertagen könnten GFZ-Krippen künftig geschlossen bleiben. Das schreibt die Stiftungsleitung in einem Brief an die Eltern.
Hintergrund sei der Umstand, dass die Stadt künftig nur noch 240 statt wie bisher 252 Betreuungstage im Jahr vergüte, heisst es in dem Schreiben. Immerhin: Für jene Eltern, die auf eine Betreuung angewiesen sind, prüfe GFZ den Aufbau eines Ferienangebots. Dieses stünde zwar auch jenen Eltern offen, die Anrecht auf einen subventionierten Platz haben – aber sie müssten dafür den vollen Preis bezahlen.
Der Branchenverband Kibesuisse fürchtet, dass es noch dicker kommt: Der neue Tagessatz von 120 Franken, den die Stadt maximal vergütet, sei nicht kostendeckend, was einige Kitas in finanzielle Nöte bringen könne. Der zuständige Stadtrat, Sozialvorsteher Raphael Golta (SP), ist anderer Ansicht. Die Tarife der Stadt seien attraktiv, Betriebsferien zumutbar. (leu)›