Am 12. April hat die grosse Mehrheit des Gemeinderates dem Objektkredit für die Erstellung eines Bundesasylzentrums auf dem Duttweiler-Areal in Züri-West zugestimmt. Während die anderen Fraktionen mit einer Ausnahme einheitlich dafür oder dagegen waren, beschloss die AL-Fraktion den «Freigang».
Einig sind wir uns darin, dass Grosszentren Menschen in Not, die sich darin bis zu vier Monaten aufhalten müssen, nicht gerecht werden können, wie auch immer man sie ausstattet. Die im Vergleich zur Grösse unserer Stadt immer noch lächerlich kleine Anzahl von Flüchtlingen könnte problemlos auch dezentral und in kleinere Gruppen unterteilt untergebracht werden.
Wir leben in Zeiten, wo auch in einem der wohlhabendsten und sichersten Länder der Welt absurderweise und ohne jeglichen Nachweis Flüchtlinge als grösste Bedrohung für unsere Gesellschaft angesehen werden. Gemäss dieser Logik sollen Bundesasylzentren als Teil der offiziellen schweizerischen Flüchtlingspolitik, die seit längerem vor allem mit den Mitteln der Abschreckung hantiert, in erster Linie die Sicherheit der einheimischen Bevölkerung garantieren, indem Ankömmlinge, unter rigider Kontrolle und abgeschottet vom Leben ausserhalb, schnell und reibungslos aussortiert werden können, ohne dass die Öffentlichkeit viel davon mitbekommt. Dieser Politik hat ein Teil unserer Fraktion mit dem Nein zum Objektkredit eine grundsätzliche Abfuhr erteilt.
Die «Ja-SagerInnen» in unserer Fraktion konzentrierten sich auf die unter anderem auch von Ezgi Akyol als AL-Vertreterin in der zuständigen Kommission und mit Postulaten hartnäckig erkämpften Verbesserungen der vom Bund vorgegebenen Standards für eine etwas menschengerechtere Variante à la Zürich. Das Parlament (mit Ausnahme der SVP) und auch der Stadtrat bekannten sich zum Standort «in unserer Mitte» als Voraussetzung für eine Zürcher Willkommenskultur, zum freien Zugang der ZentrumsbewohnerInnen zu Begegnungsorten in der Umgebung und der unkomplizierten Besuchsmöglichkeit von Freunden und Bekannten im Zentrum. Kinder müssen ausserhalb des Zentrums zur Schule gehen können und jene ganz ohne Angehörige in einer kindergerechten Umgebung untergebracht werden. Zusätzlich hat der Rat ein AL-Postulat überwiesen, das die Bereitstellung von finanziellen Mitteln für eine genügende Zahl an Lern-, Freizeit- und Beschäftigungsangeboten fordert, falls die Gelder des Bundes nicht genügen sollten. Für die BefürworterInnen in unserer Fraktion ist das Zentrum im Hinblick auf die Volksabstimmung im Herbst nur vertretbar, wenn der Bund alle geforderten Punkte einlöst.
Aber auch dann wird ein nach humanitären Richtlinien einwandfrei geführtes Zürcher Bundesasylzentrum nicht darüber hinweg täuschen, dass es nicht mehr ist als das Produkt einer visionslosen und menschenverachtenden Flüchtlings- und Migrationspolitik, die unter anderem auch eine für uns wichtige Erfahrung verhindert, nämlich dass – um mit den Worten des Bürgermeisters von Palermo zu enden – «die Geflüchteten ein Segen für diejenigen sind, die sie empfangen.»
Kolumne erschienen im Zürich Nord, «Aus dem Gemeinderat», 19.4. 2017