Die sip züri soll durch Konfliktvermittlung das rücksichtsvolle Verhalten, die gegenseitige Toleranz und damit die Sicherheit aller im öffentlich zugänglichen Raum fördern.
«Kommunizierte Repression»
Die Mitarbeitenden der sip züri patrouillieren in ihren blauen Uniformen durch die Stadt und erinnern nicht nur optisch an die Stadtpolizei. sip züri kombiniert «aufsuchende Sozialarbeit mit ordnungsdienstlichen Aufgaben». Durch Kommunikation versucht die sip, eine Verhaltensänderung herbeizuführen – sollte diese sanfte Repression nichts bringen, wird «in kritischen Situationen die Stadtpolizei beigezogen». Die sip züri schreitet ein, wenn sich Anwohnende durch das Verhalten von Drogenkonsumierenden belästigt fühlen, wenn zwei sich laut streiten oder auch mal, wenn Hunde nicht angeleint sind. Laut Betriebsleiter übernimmt die sip die soziale Kontrolle im öffentlichen Raum. Ihre Methoden bezeichnet er als «kommunizierte Repression».
Sauberes Strassenbild
In der gemeinderätlichen Spezialkommission wurde die Arbeit der sip wie folgt beschrieben: «sip züri geht in den öffentlichen Raum, um zu prüfen, ob eine Störung desselben vorliegt. Erkennen wir Handlungsbedarf, bitten wir um Verhaltensänderung, damit die Situation stabil bleibt. Beispiel: Eine Drogenkonsumentin auf einem Kinderspielplatz bitten wir, diesen Ort zu verlassen». In einem Interview erklärt der sip-Betriebsleiter: «Nach wie vor braucht es enorme Anstrengungen, um Drogenhandel und Drogenkonsum aus dem Strassenbild fernzuhalten». Die sip züri kümmert sich also nicht wirklich um die einzelnen Menschen und deren Probleme. Sondern versucht, Situationen zu stabilisieren und das Strassenbild sauber zu halten.
Fass ohne Boden
Über die Jahre hinweg ist die sip züri ständig ausgebaut worden. Sie startete 2000 mit 6.4 Stellenwerten und einem Budget von CHF 1’267’000.– und ist heute bei 33.9 Stellenwerten angekommen, mit einem Budget von CHF 4’179’700.–.
Der Auftrag an die sip, über den wir am 12. Februar abstimmen, ist so offen formuliert, dass fast schrankenlos ständig neue Aufgaben hinzukommen können. Anfänglich standen Drogen- und Alkoholkonsumierende sowie Punks im Fokus. Später waren betrunkene Jugendliche ein Problem, 2008 das öffentlich sichtbare Rotlichtmilieu, 2014 asylsuchende Menschen im Zentrum Juch. Da der AL-Antrag, die finanziellen Mittel zu begrenzen, abgelehnt worden ist, kann das Stadtparlament die Ausgaben für die sip züri mit einem Budgetbeschluss, der nicht dem Referendum unterliegt, jederzeit erhöhen. Ein Fass ohne Boden!
Paternalistische Verhaltenspolizei
In der Ratsdebatte zeigten linke und bürgerliche Parteien ihr paternalistisches Menschenbild. Auf die Wahlen hin positioniert sich die SP als «offen und anders», setzt sich ein für ein #sozialdurchmischtes, #vielfältiges, #kosmopolitisches, #freiheitsliebendes Züri. Gleichzeitig befürwortet sie zusammen mit JUSO, Grünen und Jungen Grünen eine Verhaltenspolizei, die Obdachlose ermuntert, mal wieder zu duschen, und Drogenkonsumierende auffordert, nicht im öffentlich sichtbaren Raum zu konsumieren.
Aus Sicht der AL hat soziale Arbeit nichts mit Ordnungsdienst zu tun. Für einen öffentlichen Raum, der demokratisch allen offensteht, braucht es keine Verhaltenspolizei zur Durchsetzung von Benimm-Normen. Für aufsuchende Sozialarbeit genügt die bisherige Rechtsgrundlage von 1990.
Ezgi Akyol, AL-Gemeinderätin
Der Text erschien in der Kolumne «Meh Biss» im P.S.zum PDF