Energiewende ohne Exitstrategie
Blicken wir zunächst zurück. Im Mai 2011 war von einem «historischen Tag» die Rede, als der Bundesrat beschloss, aus der Atomenergie auszusteigen. Zwar ohne konkreten Zeitplan, ohne fixe Lebensdauer für laufende Atomkraftwerke und ohne ein Konzept zur Umsetzung. Aber die Zeit war reif und der von Doris Leuthard eingeleitete Kurswechsel war fast ein bisschen revolutionär. Der Reaktorunfall in Japan führte allen mit entsetzlicher Klarheit vor Augen, was für ein gewaltiges Sicherheitsrisiko die Produktion von Atomstrom – zumal in einem dichtbesiedelten Land wie der Schweiz – darstellt.
Energiestrategie 2050
Aus dem Ausstiegsbekenntnis von 2011 resultierte die «Energiestrategie 2050», mit der klaren Absage an Betriebsbewilligungen für neue AKW’s und dem Bekenntnis zu erneuerbaren Energien und der Energieeffizienz. Was allerdings fehlt, sind Regelungen zur schrittweisen Ausserbetriebnahme der laufenden Reaktoren. Die AKW-Betreiber haben erfolgreich lobbyiert und das Parlament hat sogar das moderate, von der Nuklearaufsicht ENSI geforderte Langzeitbetriebskonzept aus dem Reformplan gekippt. Damit fehlt jede wirksame Kontrolle der Uralt-Reaktoren und die Schweiz bleibt in Sachen AKW-Risiko Schlusslicht in Europa. Diese Lücke schliesst die Ausstiegs-Initiative. Sie verlangt: Nach 45 Jahren Laufzeit ist Schluss. Den Worten müssen auch Taten folgen und die Energiewende ist erst vollzogen, wenn kein Atomstrom mehr produziert wird. Die Initiative macht Nägel mit Köpfen: ab 2017 werden Beznau I, II und Mühleberg vom Netz genommen, 2024 Gösgen und 2029 Leibstadt. Ab dann können wir die Jodtabletten wegschmeissen.
Tatsachen
Tatsache ist, dass weltweit noch nie ein AKW so lange am Netz hing wie Beznau I. Tatsache ist, dass die Stromversorgung der Schweiz problemlos funktioniert, obwohl Beznau I seit über einem Jahr wegen Sicherheitsproblemen stillliegt. Sogar jetzt, wo Leibstadt (16% der Inlandproduktion) wegen Überprüfungen nicht am Netz ist. Tatsache ist, dass wir auch mit Atomkraft vom Ausland abhängig sind. Uran muss importiert werden, einheimische erneuerbare Energien machen uns dagegen unabhängiger. Tatsache ist: AKW-Strom ist und bleibt Dreckstrom, während die importieren Strommixe der Nachbarländer immer sauberer werden. Und die wichtigste Tatsache: es ist unbestritten, dass wir den Atomstrom mit 100 Prozent einheimischen, erneuerbaren Energien ersetzen können. Darum tun wir es endlich und eliminieren das Risiko eines Reaktorunfalls so bald wie möglich. Und stellen die Weichen für eine saubere und fortschrittliche Energiepolitik in der Schweiz.
Dayana Mordasini