NZZ: Wolff zum Abschuss freigegeben
Das Timing ist bemerkenswert. Ausgerechnet am Freitag, 28. Oktober, als Corine Mauch und Richi Wolff den Ausstand des AL-Sicherheitsvorstehers kommunizieren, bringt die NZZ unterm Titel «Bürgerliche planen Schulterschluss» eine Vorschau auf die Stadtratswahlen 2018. Tags danach doppelt der Redaktionsfrischling Daniel Fritzsche in bester Somm-Manier mit einem ganzseitigen Rundumschlag gegen die «Rot-grüne Sklerose» nach:
«In Zürich und andernorts brauchen die Bürgerlichen einen langen Atem. Sie müssen auf der Hut sein, auf Exzesse hinweisen, vernünftig und klar politisieren. Sie müssen Kandidaten aufbauen, die von der urbanen Wählerschaft akzeptiert werden. Da ist vor allem die SVP in der Bringschuld. In Zürich hängt Richard Wolff (al.) nach Skandalen rund um das besetzte Koch-Areal in den Seilen. Seinen Sitz gilt es zu erobern. Das ist zu schaffen, wenn die Parteien gemeinsam auftreten.»
Auch Irène Troxler konstatiert gleichentags in bestem Paintball-Slang:
«Die bürgerlichen Wahlstrategen haben Wolff längst als schwächstes Glied im rot-grünen Block markiert und schiessen bei jeder Gelegenheit drauflos.»
Jeder merkt es: der Vorwahlkampf und damit die Wolffsjagd in Zürich ist eröffnet.
FDP macht SVP das Koch-Areal streitig
Während Wochen hat SVP-Präsident Tuena vergeblich nach Möglichkeiten für eine Volksinitiative gesucht, um den Koch-Besetzern den Stecker zu ziehen. Auch SVP-Jus-Professor Vogt ist da offenbar nicht fündig geworden. Im präelektoralen Kasperlitheater um das Koch-Areal droht jetzt allerdings die FDP mit einer eigenen Initiative den SVP-Scharfmachern den Rang abzulaufen. Ihr neuer Präsident Severin Pflüger hat den ultimativen «Befreiungsschlag» entdeckt: Verkauf des Areals an private Investoren. Vordergründig affichiertes Ziel: raschere Überbauung des Areals als bei einer Planung durch die Stadt und damit Abkürzung der Besetzungsphase.
FDP-Initiative: Verzögerung statt Beschleunigung
Effektiv jedoch ein rundum geniales Verzögerungsmanöver, um die Sache am Kochen zu behalten. Nimmt der Stadtrat die Initiative ernst, müsste er ab Einreichung die bereits angelaufenen Vorbereitungsarbeiten für den Architekturwettbewerb und die Erarbeitung eines Gestaltungsplans für die Neuüberbauung des Koch-Areals sofort stoppen, bis durch Volksentscheid geklärt ist, ob das Areal verkauft oder von der Stadt weiterentwickelt werden soll.
Terminlich funktioniert das – im allerbesten Fall – wie folgt:
- Dezember 2016: Lancierung der Initiative;
- Juni 2017: Einreichung (Ablauf der sechsmonatigen Sammelfrist);
- März 2018: Frist für Stellungnahme Stadtrat (neun Monate); falls der Stadtrat einen Gegenvorschlag, z.B. Abtretung an eine Genossenschaft, beantragt, verlängert sich die Frist auf 16 Monate bis Oktober 2018;
- September 2018: Frühestmöglicher Beratungstermin im Gemeinderat;
- Februar/März 2019: Frühestmöglicher Termin für die Volksabstimmung (spätestmöglicher Abstimmungstermin im Juni 2020);
- Herbst 2019: Auswahl des Käufers durch den Stadtrat und Weisung an den Gemeinderat;
- Januar – März 2020: Verkaufsentscheid Gemeinderat; Aufnahme der Detailplanung durch den ausgewählten Käufer;
- Oktober – Dezember 2020: Beginn 60-tägige Planauflage nach PBG für die Anpassung des Zonenplans resp. des privaten Gestaltungsplans des Käufers (das Areal liegt heute in der Industriezone und muss zwingend umgezont werden);
- Sommer 2021: Verarbeitung der eingegangenen Einwendungen und Vorlage der BZO-Anpassungen an den Gemeinderat;
- November-Dezember 2021: Genehmigung BZO-Anpassungen durch den Gemeinderat;
- Mai-Juni 2022: Einreichung Baugesuch;
- Oktober 2022: Baubewilligung mit Auflagen;
- März 2023: Baufreigabe nach Erledigung aller Bewilligungsauflagen;
- 1.April 2023: Anlässlich des 10-Jahres-Jubiläums der Besetzung erhalten die FDP-Gemeinderäte Severin Pflüger und Andreas Egli vom Koch-Kollektiv «Verein für selbstorganisiertes Leben» die Ehrenmedaille in Bronze für ihre wertvolle Kooperation.