Die AL hat in Vergangenheit und Gegenwart konsequent alle Versuche bekämpft, staatliche Leistungen der demokratischen Kontrolle ganz oder teilweise zu entziehen. Bei der Ausgliederung der Gasversorgung in die heutige Energie 360° AG sind wir 1998 noch gescheitert, 2000 und 2001 konnten wir dann – im Bündnis mit Gewerkschaften, SP und Grünen – die Privatisierung von ewz und EKZ verhindern. So haben wir uns auch als erste und in aller Klarheit gegen eine Ausgliederung des ewz in eine öffentlich-rechtliche Anstalt ausgesprochen.
Unsere hauptsächliche Kritik fusst auf der Erkenntnis, dass die Schaffung einer eigenen Rechtspersönlichkeit durch Ausgliederung – egal in welcher Rechtsform – einen fundamentalen Eingriff in die demokratische Kontrolle der staatlichen Leistung bedeutet. Wer über eine eigene Persönlichkeit verfügt – und das gilt im persönlichen wie im politischen Kontext – entwickelt eine eigene Sicht auf die Welt und eigene Vorstellungen davon, was für ihn selbst gut oder schlecht ist. Anschaulich zeigt sich das im aktuellen Rechtsstreit zwischen der öffentlich-rechtlichen Anstalt EKZ und ihrem Eigentümer, dem Kanton Zürich, über die Verwendung des Reingewinns – ein schönes Beispiel für die Eigendynamik eines verselbständigten Staatsbetriebs. Seine Verwaltungsorgane sind rechtlich verpflichtet, das Unternehmensinteresse wahrzunehmen und notfalls gegen den Eigentümer als Dritten zu verteidigen. Ob Anstalt oder AG macht da keinen grundsätzlichen Unterschied.
Natürlich ist das nicht unser einziges Argument gegen die Ausgliederung. Es stellen sich eine Reihe von weiteren Fragen:
- Was passiert mit dem strategisch wichtigsten Unternehmensteil, dem Verteilnetz? Zurzeit ist völlig offen, wieweit die Gesetzgebung in nächster Zukunft das sogenannte «Unbundling» – die Trennung von Netz einerseits und Produktion bzw. Verkauf andererseits – durchsetzen wird. Ist das Netz einmal mitausgegliedert, könnte eine vom Gesetzgeber geforderte organisatorische Trennung nur durch die Auslagerung des Verteilnetzes in eine Unter-AG – mit zusätzlichem Verlust an Kontrollmöglichkeiten – realisiert werden.
- Was folgt nach der Ausgliederung? Ist eine öffentlich-rechtliche Anstalt erstmal geschaffen, kann der zweite Schritt, die Umwandlung in eine AG, auf dem Fuss folgen. Die zweistufige Privatisierung des Kantonsspitals Winterthur – erst Anstalt, dann AG – lässt grüssen.
- Ungewissheiten ohne Ende im Hinblick auf die künftige Strommarktgesetzgebung der Schweiz und das hängige Stromabkommen mit der EU. Kommt die Stufe 2 des Strommarktgesetzes und damit die vollständige Öffnung des Strommarkts oder nicht? Kommt das Abkommen mit der EU oder nicht? Ist aus Sicht der EU-Rechtsprechung die heutige Steuerbefreiung von ausgegliederten Staatsbetrieben überhaupt noch statthaft? Macht es Sinn in einer so unklaren Phase mit einem Ausgliederungsschritt vorzupreschen? Wir finden klar NEIN!
Last but not least stellt sich für die AL die Frage aller Fragen: Wann findet die Stadt Zürich institutionell zu einer einheitlichen Energiepolitik zurück? Die Türlersche Vision ist offenbar ein über verschiedene Kreuzbeteiligungen verbundener Energie-Konzern in privatrechtlicher Form, in dem ein paar wenige Manager und er als VR-Präsident schalten und walten können. Nur so lässt sich erklären, dass in der Weisung zur Limmatenergie AG zwanghaft an der Gründung einer Aktiengesellschaft festgehalten wird.
Wir von der AL setzen dem ein demokratisches Konzept unserer Energieversorgung entgegen, wo eine rekommunalisierte Erdgasversorgung zusammen mit dem ewz und der Fernwärme einen schlagkräftigen Energieproduzenten und -dienstleister zur Realisierung der 2000-Watt-Ziele und der Energiestrategie 2050 des Bundes bilden.
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26. Oktober 2016