Die AL unterstützt das Referendum gegen die Unternehmenssteuerreform III des Bundes (USR III) und hat ihren Teil dazu beigetragen, dass vor Ablauf der Sammelfrist die nötigen 50’000 Unterschriften beisammen sind. Voraussichtlich stimmen wir schon am 12. Februar über die Vorlage ab.
Steuervorlagen sind nicht sexy und für die meisten nur schwer durchschaubar. Niklaus Scherr versucht, etwas Licht ins Dunkel zu bringen.
Die Ausgangslage
Eine Unternehmenssteuerreform ist unumgänglich, die steuerliche Vorzugsbehandlung von Holding-, Briefkasten- und gemischten Gesellschaften (vor allem Rohstoff-Firmen) wird von OECD und EU nicht mehr toleriert. In der konkreten Umsetzung hat das Parlament das Fuder jedoch klar überladen. Den Kantonen wird eine breite Palette von Abzugsmöglichkeiten zur Reduktion der Gewinnsteuern angeboten, die sie nutzen können oder nicht. Vorgeschrieben ist einzig die «Pa-tentbox» (reduzierte Besteuerung der Erträge aus Patenten und Lizenzen), die Kantone sind jedoch frei, den Umfang der Reduktion zu bestimmen (maximal 90 Prozent). Erlaubt werden Zusatz-abzüge für Forschungs- und Entwicklungsaufwand (bis zu 150 Prozent) und die sog. zinsbereinigte Gewinnsteuer (Gewinnreduktion dank Abzug eines virtuellen Basiszinses auf einem Teil des Eigenkapitals). Alle Abzüge zusammen dürfen den steuerbaren Gewinn höchstens um 80 Prozent reduzieren; die Kantone dürfen diesen Abzugs-Plafonds jedoch auch weniger hoch ansetzen.
Was plant die Regierung?
Die USR III hat schon vor ihrem Erlass eine verheerende neue Senkungsrunde bei den Firmensteuern in den Kantonen angestossen. Vorreiter sind Waadt, Nidwalden, Luzern, Zug und Schaffhausen, die alle Netto-Steuersätze zwischen 12 und 14% vorsehen (inkl. 7.83% Bundessteuer). Auch die Zürcher Regierung will sich an diesem Dumping-Karussell beteiligen und den Brutto-Gewinnsteuersatz um ein Viertel von 8 auf 6 Prozent senken. Netto würde damit der Gesamtsteuersatz in der Stadt Zürich von 20.65% auf 17.79% sinken. Zudem will sie die ganze Abzugs-Palette uneingeschränkt übernehmen und keine tieferen Grenzwerte festsetzen. Das bedeutet, dass der Gewinnsteuersatz bei der einfachen Staatssteuer nicht nur von 8 von 6, sondern im Einzelfall bis auf 1.2 Prozent (=20% von 6 Prozent) reduziert werden kann. Damit werden de facto die bisheri-gen Privilegien von Spezialgesellschaften, die eine Entlastung in ähnlichem Umfang vorsahen, in anderer Form weitergeführt.
Zusatzabzüge bringen massive Mehrausfälle
Verlässliche Angaben zu den Ausfällen sind schwierig. Die Regierung arbeitet mit einem «dynamischen Modell», das verschiedene Wechselwirkungen einbezieht. 2013 nahm der Kanton 787 Mio Franken Gewinnsteuern ein. Die Reduktion des Steuersatzes von 8 auf 6 Prozent bringt einen kalkulatorischen Ausfall von 197 Mio Franken. Der Regierungsrat beziffert allerdings die Ausfälle beim Kanton insgesamt mit 285 bis 325 Mio Franken – also 88 bis 128 Mio Franken mehr. Das zeigt, dass die steuerpolitischen Extrawürste (Patentbox, Mehrabzüge für Forschung, zinsbereinig-te Gewinnsteuer) massiv einschenken.
Stadt Zürich massiv zur Kasse gebeten
Für die Gemeinden rechnet der Kanton mit 360 – 415 Mio Franken Ausfällen. 2013 entfielen von 11’188 Mio Franken versteuerten Gewinnen zwei Drittel auf Zürich (55.1%) und Winterthur (8.2%).
Vor Ausbruch der Finanzkrise – als die Grossbanken noch ordentlich Steuern zahlten – war der Anteil der Stadt Zürich viel höher (73.4% im Jahr 2007). Grob hochgerechnet anhand der Zahlen des Kantons müssen Zürich mit 200 – 230 Mio und Winterthur mit 29 – 33 Mio Franken Mindereinnah-men rechnen. Das sind für Zürich 13 – 15 Steuerprozente! Der Stadtrat rechnet sogar mit einem Minus von 300 Mio Franken.
Mickrige Gegenfinanzierung
Dank der Erhöhung des Kantonsanteils an der direkten Bundessteuer von 17% auf 21.2% kann der Kanton 180 Mio Franken mehr für sich einbehalten. Hinzu kommt ein Plus von 10 respektive 15 Mio bei Kanton und Gemeinden, weil der 2008 beschlossene Steuerrabatt auf Dividenden von 50% auf 40% reduziert wird. Den prognostizierten Ausfällen bei Kanton und Gemeinden von 645 Mio bis 740 Mio Franken steht damit eine Gegenfinanzierung von 205 Mio gegenüber. Netto verbleibt ein Minus von 440 bis 535 Mio Franken – rund eine halbe Milliarde.
Unsere Forderungen an den Kanton
Natürlich muss die USR III zunächst auf eidgenössischer Ebene mit dem Referendum bekämpft werden. Auf kantonaler Ebene stehen folgende Forderungen im Vordergrund:
• Keine allgemeine Gewinnsteuersenkung;
• Aufhebung der 2008 eingeführten privilegierten Besteuerung von Dividenden (Mehreinnahmen von 50 respektive 75 Mio Franken bei Kanton und Gemeinden);
• Keine zinsbereinigte Gewinnsteuer;
• Falls die zusätzlichen Instrumente genutzt werden: deutlich niedrigerer «Deckel» (Entlastungsgrenze) für alle erlaubten Steuerabzüge zusammen als die maximal möglichen 80 Prozent;
• Zwei Drittel der zusätzlichen Bundessteuereinnahmen von 180 Mio Franken müssen den Gemeinden zukommen, namentlich Zürich und Winterthur als Hauptgeschädigten der USR III.
Niggi Scherr, Gemeinderat