Markus, warum hast du dich bei der AL beworben?
Nach 10 Jahren als Sportredaktor bei SRF war es Zeit für etwas Neues. Mir war klar, dass ich langfristig in einem sozialen oder politischen Kontext tätig sein will. Es ist etwas Besonderes, seine Arbeitszeit für Projekte einzusetzen, die sich mit den eigenen Grundwerten decken.
Was ist deine Geschichte mit der AL?
Ich war bisher nicht parteipolitisch aktiv, habe die AL aber meist gewählt. Ich fühle mich hier politisch zuhause und identifiziere mich stark mit der Partei.
Deine ersten Eindrücke?
Es erwartet mich eine enorm interessante Arbeit. Ich habe vorher in einem relativ durchstrukturierten Grossbetrieb gearbeitet. Hier im Sekretariat bin ich allein oder zu zweit. Wir müssen und dürfen einen grossen Teil unserer Aufträge und Abläufe selber definieren. Das ist eine grosse Herausforderung, aber eine ungemein spannende.
Hast du schon erste Ziele als neuer AL-Sekretär?
Ich will mich zunächst darauf konzentrieren, die Administration und den Informationsfluss innerhalb der Partei effizient zu halten. Das ist die Grundlage, um inhaltlich an politischen Themen zu arbeiten. In einem basisdemokratischen Betrieb ist Effizienz nichts Selbstverständliches und das soll es auch nicht sein. Ein gewisses Mass an Diskussionen zu Strukturen ist nötig. Die Kunst ist, diese so gezielt zu führen, dass genug Zeit für die wichtige inhaltliche Debatte bleibt.
Wo siehst du die brennendsten Themen für die AL?
Ein Teil unserer Agenda wird uns aufgezwungen, etwa der Kampf gegen Sozialabbau, Privatisierung öffentlicher Einrichtungen oder Aushöhlung von Grundrechten. Den zweiten Teil der Agenda bestimmen wir selbst, indem wir mit klugen Ideen aufwarten, die Kinderbetreuungs-Initiative ist das beste Beispiel dafür. Auf lokaler und kantonaler Ebene können wir im Kleinen viel bewirken. Im grösseren Kontext wird die Automatisierung in vielen Wirtschafszweigen zur grossen Herausforderung für die Linke. Wir müssen Lösungen finden für die rasanten gesellschaftlichen Veränderungen.
Wie etwa das bedingungslose Grundeinkommen?
An diesem Thema sollten wir dranbleiben. Obwohl die Initiative, über die wir im Juni abgestimmt haben, wenig ausgearbeitet war, zeigten die Abstimmungsresultate, dass grosse Teile der Bevölkerung bereit sind, sich mit dieser Idee ernsthaft auseinanderzusetzen. Jetzt geht es darum, das Thema als linke Forderung zu halten und es nicht den Neoliberalen zu überlassen.
Kannst du dir vorstellen, je ein politisches Amt anzutreten?
Morgen nicht. Aber mittel- bis langfristig schliesse ich das nicht aus. Klar ist, dass es ein grosses Spannungsfeld gibt zwischen Idealismus und pragmatischer parlamentarischer Alltagspolitik. Dies ist für die AL sicherlich manchmal problematisch. Aber frag mich doch in einem Jahr nochmals, ich bin selbst gespannt auf meine Antwort!
Was machst du mit deiner übrigen Zeit?
Dadurch, dass ich hier Teilzeit arbeiten kann, bleibt noch Zeit für meine Nebenjobs. Als alternativer Stadtführer und Mitbegründer des Vereins «Kehrseite Winterthur» biete ich historische Rundgänge zu Themen an, die sonst unter den Teppich gewischt werden; etwa zum Umgang mit Verbrechen in verschiedenen Phasen der Geschichte oder zu Krisen und gewalttätigen Konflikten. In meiner Freizeit gehe ich oft Wandern, Klettern und Gleitschirmfliegen. Ich biete Passagierflüge an und bin selbst am liebsten Cross Country unterwegs: Das Fluggerät am Morgen im Wallis aus dem Rucksack nehmen und es am Abend am Walensee wieder einpacken, dazwischen unzählige Gipfel nur mit Hilfe der Thermik überwinden: das fasziniert mich. Und natürlich bin ich grosser Fan des FC Winterthur.
Du arbeitest für die AL der Stadt Zürich, bist aber aus Winterthur. Ist das ein Hindernis?
Ein Kalauer sei mir verziehen: Ich wurde hier bisher noch von keinem Wolff gebissen, mit keiner Scherre geschnitten und Angst habe ich auch keine. Im Ernst: ich sehe das vielmehr als Chance, denn als Hindernis und freue mich darauf, den «Zürcher Kuchen» besser kennenzulernen. Zudem laufen ja auch einige kantonale Angelegenheiten über uns.
Interview: Corin Schäfli