Heute Mittwoch, 24. August, fand die Medienkonferenz Komitee Kinderbetreuung statt. Die Gründe für ein Ja zur kantonalen Abstimmung vom 25. September 2016 „Volksinitiative Bezahlbare Kinderbetreuung für alle“ erläutern: Markus Bischoff, Kantonsrat AL, Dr. Ellen Ringier, Präsidentin Stiftung Elternsein Rosemarie Quadranti, Nationalrätin BDP, Präsidentin kibesuisse, Jacqueline Badran, Inhaberin Zeix AG, Nationalrätin SP, Ursula Fehr, Gemeindepräsidentin Eglisau, SVP, Karin Fehr, Kantonsrätin Grüne, Isabel Garcia, Gemeinderätin Stadt Zurich, Fraktionspräsidentin GLP. Nachfolgend die einzelnen Statements und die gesamte Medienmappe
Markus Bischoff
Ellen Ringier
Rosmarie Quadranti
Ursula Fehr
Karin Fehr
Isabel Garcia
Jacqueline Badran
Markus Bischoff, Kantonsrat AL
Solide Finanzierung dank Betreuungsfonds
Künftig sollen Unternehmen 0,2 Prozent der AHV-pflichtigen Lohnsumme in einen Betreu-ungsfonds einzahlen. Das sind 20 Franken auf 10’000 Franken Lohnsumme und somit eine moderate Abgabe. Mit diesem Geld können alle Gemeinden genügend, qualitativ gute und für die Eltern bezahlbare Betreuungsangebote finanzieren. Heute sind die Angebote und die Preise je nach Wohnort sehr unterschiedlich. In Hinwil be-steht für 4.6 Prozent der Kinder ein Vorschulangebot, in Schlieren für 12 Prozent, in Herrliberg für 21.7 und in Zürich für 39.5 Prozent. Diese Unterschiede beim Angebot und bei den Kosten der Kinderbetreuung sind ungerecht. Solange sich nur die Gemeinden an der Finanzierung beteiligen, wird sich daran nichts ändern. Hier setzt der Betreuungsfonds an. Gemeinden erhalten die nötigen Mittel, um ihre Angebote auszubauen. Wie sie das machen – ob mit Betreuungsgutscheinen, direkten Beiträgen an die Trägerschaften, einem Ausbau des Angebots an Tagesfamilien oder Mittagstischen oder dem Einkauf von Leistungen in einer Nachbargemeinde – ist ihnen freigestellt, ihre Autonomie wird nicht eingeschränkt. Die Gemeinden werden auch in Zukunft entscheiden, welche Angebote und wie viele Betreu-ungsplätze es braucht. Dank dem Betreuungsfonds stehen den Eltern zusätzliche Gelder zur Verfügung, welche die Kinderbetreuungskosten senken. Das fördert letztlich die Standort-qualität auch derjenigen Gemeinden, die weniger Geld für die Subventionierung von Kinder-betreuungskosten zur Verfügung haben.
Es ist erwiesen, dass die Wirtschaft heute von einer guten Kinderbetreuungsinfrastruktur profitiert. Den grössten Teil der Kosten müssen aber immer noch die Eltern tragen. Für viele Familien aus dem Mittelstand ist das schlicht zu teuer. Dank dem Betreuungsfonds werden jährlich 120 Millionen Franken zusätzlich für die Kinderbetreuung zur Verfügung stehen– da kommt auch der Mittelstand in den Genuss von tieferen Tarifen. In Winterthur müssen die Eltern ab einem steuerbaren Einkommen von 75’000 Franken die Vollkosten bezahlen (Zürich: ab ca. 130’000 Franken). Bei zwei Kindern, die an drei Tagen betreut werden, sind das 2’750 Franken pro Monat in Winterthur respektive 3’125 Franken in Zürich. Das sind happige Beträge. Wenn sich hier die Wirtschaft mit einem moderaten Beitrag beteiligt, können auch Mittelstandsfamilien in den Genuss tieferer Betreuungskosten kommen. Und: Betriebe, die heute schon Leistungen erbringen, können diese mit der Kita-Abgabe verrechnen.
Die Kantone Waadt, Neuenburg und Freiburg machen seit Jahren gute Erfahrungen mit dem Betreuungsfonds. Die Eltern profitieren von deutlich tieferen Tarifen: im Schnitt bezahlen Eltern in der Waadt 42 Franken, im Kanton Zürich daqegen 75 Franken pro Kita-Tag. Die Unternehmen profitieren, weil ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Familie und Beruf gut vereinbaren können.
Dr. Ellen Ringier, Präsidentin Stiftung Elternsein
Kinderbetreuung JA – ein dringendes, vernünftiges und moderat soziales Anliegen
Kindertagesstätten zu Preisen, bei denen sich die Erwerbsarbeit für beide Eltern lohnt, ist eine Minimalforderung, für die ich mich mein ganzes Berufsleben – 40 Jahre lang – einge-setzt habe. Mein Engagement heute hat vor allem damit zu tun, dass das Postulat „Verein-barkeit von Beruf und Familie“ nun schon eine ganze Generation lang verschleppt wurde. In dieser Frage ist die Schweiz „ein verspätetes Land“!
Vor 30 Jahren musste ich an einer Vorstandssitzung der Zürcher Frauenzentrale von einer deutlich älteren Frau zur Kenntnis nehmen, dass sie sich nicht für das Thema „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ engagieren würde, denn schliesslich hätte sie auch wählen müssen zwischen Familie und Beruf. Damals hielt ich den Mund, heute bereue ich das.
Unsere Wirtschaft wird in Zukunft nicht mehr uneingeschränkt auf ausländische Arbeitskräfte zählen können. Deshalb ist es höchste Zeit, sich auf die Ressource „Schweizer Frau und Mutter“ zu besinnen! Aus diesem Grunde kann ich mich durchaus mit der Idee anfreunden, dass die Wirtschaft heute mindestens in finanzieller Hinsicht in die Pflicht genommen wird.
Damit ich richtig verstanden werde: Kitas sind bloss der Anfang. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie wird erst dann Wirklichkeit, wenn die Ganztagesschulen einschliesslich Haus-aufgabenbetreuung in unserem Land zum Normalfall werden. Ganztagesschulen sind eine soziale Mindestanforderung, wenn man das Wort „Chancengleichheit“ überhaupt in den Mund nehmen will!
Der Schulalltag zeigt, wie sehr sich LehrerInnen drum bemühen müssen, nach der externen Mittagspause die Aufmerksamkeit der Schülerschaft wieder zu gewinnen. Deshalb sollten wir uns nicht wundern, dass die Welt ausserhalb der Schweiz die Schul-Mittagspause „in house“ verbringt!
Wer den Wert des „inoffiziellen“ Tischgesprächs am Mittag zwischen SchülerInnen und Leh-rerschaft kennt, weiss auch, dass in solchen Gesprächen Dinge zur Sprache kommen kön-nen, die von grosser Bedeutung sind, wie z.B., dass die Mutter depressiv, der Vater arbeits-los ist.
Wer erfahren hat, dass sich Familien-Armut tradiert, der kann nichts anderes im Sinne ha-ben, als es allen Kindern und Jugendlichen zu ermöglichen, die bestmöglichen schulischen Leistungen zu erbringen. Und da ist es doch um einiges gerechter, wenn alle von einer Hausaufgabenbetreuung profitieren können, als nur diejenigen, deren Eltern sich dafür Zeit nehmen!
Erschwingliche Kitas und Ganztagesschulen einschliesslich Hausaufgabenbetreuung sind die Pfeiler, auf denen sich wenigstens ansatzweise eine echte Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie eine wenigstens im Ansatz effizientere Chancengleichheit aufbauen lassen.
Rosmarie Quadranti, Nationalrätin BDP, Präsidentin Kibesuisse
Initiative als wichtiger Beitrag für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf
Weshalb stehe ich als Präsidentin von Kibesuisse und auch die BDP des Kantons Zürich hinter dieser Initiative? Einerseits, weil auch die Schweiz bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf noch Nachholbedarf hat und andererseits, weil wir gemäss Volksauftrag die Zu-wanderung reduzieren müssen. Das bedeutet in der Folge, dass das Arbeitskräftepotential – vor allem auch der Frauen – grösstmöglich genutzt werden soll.
Vereinbarkeit von Familie und Beruf muss heissen: Stressreduktion durch Verbesserung der Arbeitsbedingungen, Lohngleichheit und Unternehmenskulturen, wo arbeitende Eltern ernst genommen werden. Ich bin überzeugt, dass auch die Schweiz einen Elternurlaub braucht, doch bis zu dessen Realisierung werden wohl noch Jahre vergehen.
Ein Tag in einer Schweizer Kinderbetreuungseinrichtung oder in einer institutionellen Tages-familie kostet in der Schweiz ähnlich viel wie in den benachbarten Ländern. Dies zeigt ein Bericht des Bundesrats zur Finanzierung von Krippenplätzen. Der grosse Unterschied liegt jedoch bei den Elterntarifen. Diese sind im Vergleich zu Deutschland, Österreich oder Frankreich viel höher. Das liegt daran, dass die Tarife weniger stark von der öffentlichen Hand subventioniert sind als in den Nachbarländern. Im Durchschnitt zahlen Eltern in der Schweiz 2/3 der Vollkosten eines Betreuungsplatzes, in den Nachbarländern sind es hingegen maximal 1/3 der Vollkosten. Vor allem Familien mit mittleren bis hohen Einkommen werden sehr stark belastet und sie sind es auch, die teilweise 100% der Kosten selber zahlen.
Die Initiative setzt an einem wichtigen Punkt an: der Reduktion der Elternbeiträge. Heute sind die finanziellen Belastungen zu einseitig verteilt. Deshalb soll sich künftig jeder an den Kosten beteiligen, der von der besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf einen Nutzen hat: Eltern, öffentliche Hand und Wirtschaft. Hier, in der finanziellen Beteiligung aller Nutz-niessser, liegt in den Augen von Kibesuisse und der BDP der grösste Vorteil dieser Initiative.
Grundsätzlich ist das Angebot im Kanton Zürich gut, was die vorhandenen Plätze in Kitas oder Tagesfamilien anbelangt. Hintendrein hinkt es noch bei der schulergänzenden Betreuung. Dort muss das Ziel freiwillige Tagesschule sein und vor allem müssen dort auch Ferien-angebote geschaffen werden.
Die Initiative kommt zur rechten Zeit: Sie hilft die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ver-bessern und gibt Impulse, damit Eltern in ihren Berufen verbleiben können und die Kinder gut betreut werden.
Ursula Fehr, Gemeindepräsidentin Eglisau, SVP
Auch die Gemeinden profitieren von guter Kinderbetreuung
Als Gemeindepräsidentin von Eglisau bin ich froh und stolz über die vielfältigen Möglichkeiten der Betreuung, denn unsere Gemeinde ist in den letzten Jahren überdurchschnittlich und vor allem durch junge Familien gewachsen, und ich kann erleben, wie wichtig eine gut ausgebaute Kinderbetreuung ist. An den zahlreichen Abenden für Neuzugezogene hat sich mehrfach gezeigt, dass Eglisau bewusst ausgewählt wird. Unter anderem werden gute Schul- und Betreuungsmöglichkeiten immer wieder lobend erwähnt. Das ist ein nicht zu unterschätzender Standortfaktor.
Als junge Mutter war es für mich damals noch schwierig, meinen Beruf als Lehrerin und später als Journalistin trotz zweier Kinder wenigstens zu 50 Prozent ausüben zu können. Dies hat sich aber gelohnt, nicht unbedingt finanziell – weil die Betreuungskosten hoch waren – aber ideell. Auch wenn es damals in ländlichen Verhältnissen noch unüblich war, ausser Haus zu arbeiten, hat es mir und meiner Familie sehr viel gebracht: Anerkennung, Wertschätzung und Schwung, auch im Alltag. Vor allem aber konnten die Schulen und Medien von meiner erweiterten Erfahrung als Mutter profitieren, was auch oft lobend festgestellt wurde. Als Grosseltern versuchen mein Mann und ich nun, unsere Tochter und unseren Schwiegersohn durch unseren fixen Hütetag zu unterstützen, um Familie und Beruf zu verbinden. Aber nicht allen ist dies möglich, und die Kosten von Hort und Kita sind sehr hoch. Das ist schade, bilden sie doch eine wichtige soziale Komponente sowie die Möglichkeit zur frühen Förderung.
Leider gibt es bei den Bürgerlichen und vor allem bei der SVP immer weniger Politikerinnen und Politiker, welche diese herausfordernde und bereichernde Verbindung von Familie und Beruf selber leben. Sonst gäbe es bestimmt noch mehr Unterstützung für diese wichtige Initiative. Es kann aber nicht sein, einerseits Schweizer Arbeitskräfte bevorzugen zu wollen, um dann auf erfahrene und gut ausgebildete Mütter oder Väter zu verzichten, weil diese für ihre Kleinkinder keinen zahlbaren Krippen- oder Kitaplatz finden. Denn wer, wenn nicht die junge Familie, soll unsere Zukunft sichern? Zuhause, im Quartier, in der Gemeinde und am Arbeitsplatz. Kinder und ihre Eltern sind der wichtigste Pfeiler unserer Gesellschaft.
Karin Fehr Thoma, Kantonsrätin Grüne, Mitglied Kommission Bildung und Kultur
Eltern wollen Qualität bei der Kinderbetreuung
Mit den Mitteln aus dem Betreuungsfonds soll auch die Aus- und Weiterbildung des Betreuungspersonals gefördert werden.
Die Qualität der familien- und schulergänzenden Kinderbetreuung hängt zu grossen Teilen von den beruflichen Qualifikationen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ab.
Rund die Hälfte des Betreuungspersonal verfügt im Kanton Zürich über keine fachspezifische Ausbildung. Die gelernten Betreuungspersonen haben in der Regel eine berufliche Grundbildung absolviert, die sie befähigt, Kinder entsprechend ihrer Entwicklung zu betreuen und zu begleiten. In den Westschweizer Kantonen ist der Anteil des ausgebildeten Personals deutlich höher. Es verfügt zudem meist auch über eine höhere Berufsausbildung. Diese Fachpersonen wissen, die Qualität der Betreuungsangebote sicherzustellen und weiterzuentwickeln.
Eine hohe Angebotsqualität erleichtert den Eltern den Entscheid massiv, die Kinder fremdbetreuen zu lassen. Sie wollen sicher sein, dass sich die Fachpersonen in ihrer Arbeit konsequent am Wohl der Kinder orientieren. Die Lebens- und Lernerfahrungen in der frühen Kindheit sind wegweisend für die weiteren Bildungschancen und -biografien der Kinder. Sogar die vergleichsweise besseren Schulleistungen von Kindern in Tagesstrukturen lassen sich zur Hälfte auf eine gute Betreuung zurückführen. Die Eltern sind sich dessen zunehmend bewusst.
Wenn wir die Vereinbarkeit von Familie und Beruf fördern und damit das inländische Fachkräftepotenzial künftig besser nutzen wollen, tun wir als Gesellschaft also gut daran, in eine qualitativ gute Kinderbetreuung zu investieren. Die Förderung der Aus- und Weiterbildung des Betreuungspersonals ist dazu die unerlässliche Grundlage. Die Eltern danken es uns.
Isabel Garcia, Gemeinderätin Stadt Zürich, Fraktionspräsidentin GLP
Nachhaltigere Finanzierung, fairere Verfügbarkeit, bessere Bildung:
3 gute Gründe für ein JA am 25. September 2016
Nachhaltigere Finanzierung: Die Bildung und Betreuung unserer Kinder und Jugendlichen sind gesellschaftliche Aufgaben, zu denen alle Stakeholder gemeinschaftlich ihren Beitrag leisten sollen. Aufgrund der heutigen Finanzierungsstruktur sowie der steuerlichen und sozialversicherungstechnischen Rahmenbedingungen der Kinderbetreuung ist die gemeinsame Erwerbsarbeit für Eltern aus der Mittelschicht heute ein Verlustgeschäft. Erwerbstätige Eltern, die wirtschaftlich nicht auf Rosen gebettet sind, können sich die Betreuung ihrer Kinder nur dank Subventionen leisten. Und für gut situierte Eltern kommt die Anstellung einer Nanny günstiger zu stehen als die Nutzung der heutigen Kinderbetreuungsangebote. Eine solche Situation ist absurd – jeder Schritt hin zu einer nachhaltigeren Finanzierung ist daher absolut unterstützenswert.
Fairere Verfügbarkeit: In den letzten Jahrzehnten hat sich die Lebensrealität der Familien tiefgreifend verändert: Die Vielfalt der Lebensformen und die Mobilität haben zugenommen, die Berufstätigkeit von Müttern und das Familienengagement der Väter ebenfalls. Familienergänzende Betreuung ist bei einer Mehrheit zu einem festen Bestandteil des Familienlebens geworden. Während heute in den grossen Städten das Betreuungsangebot für Kinder und Jugendliche mit der Nachfrage einigermassen Schritt hält, ist dies auf dem Land nicht der Fall. Auch hier gilt: Jede Anstrengung, die zu einem besseren Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage führen, ist zu begrüssen.
Bessere Bildung: Die strikte Trennung von Familie als Erziehungs- sowie Schule als Bildungsinstanz und Betreuung als Beaufsichtigung für die zeitlichen Lücken dazwischen ist passé. Betreuungseinrichtungen sind heute auch Lernstätten. Hausaufgaben werden erledigt, Bücher gelesen, der Umgang in der Gruppe gelernt. Nachgewiesenermassen beeinflusst dies die schulischen Leistungen der Kinder und Jugendlichen positiv. Gerade für Kinder und Jugendliche aus sozial nicht so gut gestelltem Umfeld ist die familienexterne Betreuung besonders wichtig. Deshalb lautet das Fazit auch hier: Jeder Beitrag zu einer besseren Bildung ist von allergrösster Bedeutung und uneingeschränkt zu unterstützen; denn es gibt schlicht nichts, was wichtiger wäre und ist als Bildung!
Jacqueline Badran, Inhaberin Zeix AG, Nationalrätin SP:
Die Wirtschaft – Konzerne wie KMU – haben den Nutzen – darum sollen sie auch mitfinanzieren
Als ich im Jahr 2000 vor gut 16 Jahren meine Firma gründete, hatte ich keine Mitarbeitende mit Kinder. Heute arbeiten von 30 Mitarbeitenden 13 Eltern bei mir, die zusammen 21 Kinder haben. Die allermeisten Kinder wurden während der Beschäftigung bei meiner Firma geboren. Ausnahmslos alle Väter und Mütter sind geblieben, haben ihr Arbeits-Pensum reduziert; ausnahmslos alle Eltern teilen sich die Betreuungsarbeit und ausnahmslos alle Eltern benötigen Betreuungsplätze. Sie verdienen allesamt zu viel, als dass sie Anspruch auf einen subventionierten Betreuungsplatz hätten; und allesamt verdienen sie zu wenig, als dass es sich finanziell lohnen würde. Das ist die Situation heute.
Ich stehe also unter Lohndruck, da es sich für meine Mitarbeitenden eigentlich finanziell nicht lohnt, weiter zu arbeiten. Nur die Tatsache, dass ich extrem flexible Arbeitszeiten, hochinteressante Arbeitsplätze und eine hervorragende Unternehmenskultur bieten kann, rettet mich. Ich brauche ungefähr drei Jahre Ausbildung «on the Job», bis Mitarbeitende voll qualifiziert sind. Es wäre für mich als Unternehmerin eine Katastrophe, wenn Mitarbeitende wegen der Gründung einer Familie ihren Job künden würden. So funktionieren viele Unternehmen in der Schweiz.
Eine gut ausgebaute und bezahlbare Kinderbetreuung nützt also allen Firmen enorm. Sie erhöht die Verfügbarkeit inländischer Arbeitskräfte, ermöglicht, dass (vor allem) weibliche Mitarbeitende nach der Geburt ihres Kindes ihren Job nicht künden, senkt den Lohndruck für die KMU und erhöht die Mitarbeitenden-Zufriedenheit.
Relevant dabei aus Sicht der Unternehmungen ist, dass die Betreuungsplätze bezahlbar sind. Nur wenn der zusätzliche Lohn in einer Familie nicht vollkommen durch die Kosten der Betreuung aufgefressen wird, wird die Verfügbarkeit erhöht und nur so wird der Lohndruck gesenkt.
Weil qualitativ gut ausgebaute und bezahlbare Kinderbetreuungsangebote hohe positive externe Effekte aufweisen, kann die Finanzierung dieser Angebote keinesfalls den Familien alleine überlassen werden, sondern eine Mitfinanzierung über allgemeine Steuern ist ordnungspolitisch richtig.
Sowohl KMU als auch Konzerne zahlen jedoch immer weniger Steuern, beziehen aber immer noch viele staatliche Leistungen wie gut gebildete Arbeitnehmende, Infrastruktur und ausgebaute Kinderbetreuung.
Nebst den Unternehmenssteuerreformen auf Bundesebene, wurden allein im Kanton Zürich Steuererleichterungen in Milliardenhöhe gewährt (Senkung Steuersatz, Halbierung Kapitalsteuer). Diese kostet z.B. die Stadt Zürich jährlich rund 220 Mio. Franken also rund 15 Steuerprozente.
In der Schweiz gibt es 500’000 private Unternehmen (ohne Landwirtschaftsbetriebe). Praktisch alle sind KMU. Ein Drittel der Unternehmen (170’000) sind Personengesellschaften. 330’000 Unternehmen sind ordentlich besteuerte Kapitalgesellschaften. Gemäss der Publikation “Steuerstatistische Grundlagen der Unternehmensbesteuerung für Bund, Kantone und ausgewählte Gemeinden” vom 12.8.2015 weisen 185’000 Gesellschaften keinen Gewinn (Steuerbetrag 0 CHF) aus. 117’000 Gesellschaften weisen einen geringen Steuerbetrag bei der direkten Bundessteuer von bis zu 10’000 CHF aus. Das heisst 95 Prozent aller Firmen (KMU) in der Schweiz zahlen keine oder kaum Steuern.
Wenn die Unternehmen also nicht über die allgemeinen Steuermittel mitfinanzieren, drängt es sich ordnungspolitisch fraglos auf, dass die Kinderbetreuung direkt von den Unternehmungen mitfinanziert wird. Als Mass der Mitfinanzierung kann die Lohnsumme gelten, wie das bei dieser Initiative vorgeschlagen wird. In der Wirkung zahlen KMU deutlich weniger als Konzerne, die sich dies ohne Probleme leisten können.
Diese Initiative bietet eine hervorragende Lösung für eine lange währende Forderung: Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, deren Nutzen in der ganzen Gesellschaft und vor allem auch bei den Unternehmungen anfällt. Wer den Nutzen hat, soll auch die Kosten mittragen. Deshalb ist diese Vorlage eine hochgradig unternehmensfreundliche Vorlage, die ich als Unternehmerin ohne Wenn und Aber unterstütze.