Wir werden in der Schweiz im öffentlichen Raum von mehr als 21’000 Kameras gefilmt: auf Strassen und Plätzen, in Unterführungen, in Bahnhöfen, in Zügen und in Bussen. Laut 20minuten.ch ist die öffentliche Hand in Zürich Herrin über rund 2000 Kameras – die VBZ nicht eingerechnet. Man muss aber davon ausgehen, dass in jedem Ticketautomaten eine Kamera integriert ist; neuralgische Haltestellen werden gleich von mehreren Kameras überwacht. Wo und wer genau filmt, lässt sich lediglich schätzen, zumal die meisten Überwachungskameras sowieso von Privaten installiert sind: Schweizweit dürften es heute weit über eine halbe Million sein. So ist es nicht überraschend, dass das Thema der Videoüberwachung den Gemeinderat in den letzten Jahren regelmässig beschäftigt, so auch in der vergangenen Ratssitzung mit der Kontroverse um die Installation von Überwachungskameras auf dem Schulhausareal Schütze.
In tagelanger Recherchierarbeit habe ich versucht, das Ausmass der Videoüberwachung in der Stadt Zürich zu erfassen. Einen vollständigen Überblick konnte ich zwar nicht gewinnen, aber immerhin habe ich ein paar interessante Dinge in Erfahrungen bringen können. Soweit öffentlich bekannt ist, regeln zurzeit vier verschiedene Dienstabteilungen der Stadt Zürich die Videoüberwachung mit einem jeweils eigenen Reglement. Zwei weitere Reglemente treten in den nächsten Tagen in Kraft (Sportamt, Liegenschaftenverwaltung). Daneben muss es noch weitere geben, die aber nicht öffentlich zugänglich sind. Die Reglemente habe ich in den Dienstabteilungen einsehen können, gegen das des Sportamtes habe ich Beschwerde eingereicht. Als eigentliche Knacknuss erwies es sich, die Standorte der Kameras in Erfahrung zu bringen, werden diese doch in den nicht öffentlichen Anhängen der Reglemente verborgen gehalten.
Mitte März hat der Gemeinderat einstimmig ein Postulat von Grünen und GLP überwiesen, das den Stadtrat auffordert, die Kamera-Standorte zu veröffentlichen. Diese Forderung wird in den folgenden Fällen problemlos zu erfüllen sein:
- Immobilien-Bewirtschaftung, ca. 170 Kameras
- Stadtpolizei, ca. 120 Kameras
- beide Stadtspitäler, ca. 80 Kameras
- Letzigrund, ca. 60 Kameras
- Schulanlagen, ca. 650 – 800 Kameras
- Liegenschaftenverwaltung, Anzahl Kameras unbekannt
Wo und wieviele Kameras Schutz und Rettung, ERZ, ewz, Wasserversorgung und OIZ installiert haben, ist nicht bekannt. Die entsprechenden Reglemente – soweit sie überhaupt existieren – werden als geheim eingestuft und sind nicht öffentlich. Die massive Videoüberwachung der VBZ ist im Rahmen des ZVV geregelt und damit in kantonaler Kompetenz. Hier wird der Stadtrat wohl kneifen.
Bestenfalls dürften wir also den Standort von vielleicht 1000 Überwachungskameras erfahren. Was aber ist mit den restlichen von der Stadt Zürich (mindestens weitere 1000) und von der VBZ (Anzahl unbekannt) installierten Kameras? Es ist löblich, dass links-grüne Parlamentsmitglieder das Thema Videoüberwachung auf die Agenda des Gemeinderats setzen. Damit wirklich Transparenz entsteht und die Überwachung des öffentlichen Raums eingedämmt werden kann, braucht es aber mehr: viel Ausdauer und Biss für die oft zeitraubende und unattraktive Ermittlungs- und Aufdeckungsarbeit, bei der man immer wieder feststellen muss, dass man den Entwicklungen hinterherhinkt. Wohlgemeinte Vorstösse allein bewegen nicht viel, auch wenn sie mit 118 zu 0 Stimmen überwiesen werden.
Christina Schiller, Gemeinderätin AL im P.S. vom 15. März 2015
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