Die Forderung nach der Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist bis in die bürgerlichen Parteien hinein beliebt. Ob CVP, GLP oder FDP-Frauen: alle fordern sie an Parteietagen, in Programmen oder zumindest auf der Website Anstrengungen der Wirtschaft, hier korrigierend einzuwirken.
Familienarbeit geringgeschätzt
Tatsache ist: es gibt wenig Jobsharing-Möglichkeiten auf Kaderebene, immer noch vorhandene Lohnungleichheit zwischen Männern und Frauen, keinen wirklichen Vaterschaftsurlaub und höhere Preise von Kosmetikartikeln für Frauen. Die strukturelle Diskriminierung funktioniert aber auch subtiler: Ausserberufliche Mandate von Männern in Betrieben werden als echte Tätigkeit anerkannt und bei der Arbeitszeitflexibilität berücksichtigt, Familienarbeit dagegen gilt nicht als solche. Geht ein Mann ins Militär und macht dort Karriere, figuriert das noch heute als Leistungsausweis im CV, bleiben Eltern eine Zeit lang zuhause, bedeutet dies eine Lücke im Lebenslauf. Obwohl alle wissen: Familienmanagement erfordert Qualitäten, die gleichermassen Anerkennung verdienen.
Die Gleichberechtigung ist zwar – ausser dort, wo religiöse Prämissen ein anderes Bild vorschreiben – heute in den Köpfen angekommen, strukturell hinken wir aber hinterher. Zwar wären viele heute zu Teilzeitarbeit bereit, auch Männer, doch real bedeutet diese Entscheidung noch immer einen Karriereknick: zu wenig Ehrgeiz, zu soft, zu wenig Einsatz. Der Bund beispielsweise hat Homeoffice abgeschafft und bietet wenig bis keine Teilzeitstellen auf Kaderebene an.
Gleichberechtigung kostet
Wie kommt es, dass die Forderung nach Gleichberechtigung salonfähig geworden ist, die Umsetzung aber zur Kür verkommt? Gleichberechtigung kostet etwas – ausser man passt die Löhne gegen unten an. Jobsharing, gleichbedeutend mit Knowhow-Transfer auf mehrere Personen, bringt Mehrkosten, bis sich ein Team eingespielt hat. Die Betreuung der Kinder, wenn beide Eltern arbeiten wollen oder müssen, kostet sie und die Gemeinden Geld. Soviel, dass eigentlich nur profitiert, wer einen subventionierten Platz ergattern kann; die meisten müssen einen hohen Anteil des Familieneinkommens für die Betreuung bezahlen, so dass es günstiger kommt, wenn ein Elternteil, meist die Frau, zuhause bleibt.
Investitionen in Kinderbetreuung rechnen sich…
Am 25. September haben wir im Kanton Zürich die Chance, eine grundlegende Neuerung einzuführen: die Beteiligung der Unternehmen an der Kinderbetreuung, um die Kosten der Eltern zu reduzieren. Mit 0.2% oder 10 Franken auf je 5’000 Franken Lohn in einen Fonds, der das Geld dorthin verteilt, wo es gebraucht wird. Die Finanzierung der Kinderbetreuung ist längst nicht mehr nur Privatsache. Der Staat beteiligt sich schon lange, sei es durch Subventionierung von Betreuungsplätzen durch die Gemeinden oder durch Betreuungsabzüge bei den Steuern. Weshalb die Wirtschaft hier nicht einbezogen wird, obwohl sie von einer guten Betreuungsinfrastruktur wirtschaftlich profitiert, ist mir schleierhaft. Eine Prognos-Studie hat es berechnet: der «return on invest» beträgt 8%. Das heisst: auf 100 in die Kinderbetreuung investierte Franken kommen 108 Franken zurück. Positive Auswirkungen sind geringere Fluktuation und damit weniger Knowhow-Verlust, zufriedenere und loyalere Angestellte.
…und sind ein Muss
Heute leisten – meistens grosse – Unternehmen vereinzelt Beiträge an die Kinderbetreuung auf freiwilliger Basis. Die Initiative will die Investition in die Kinderbetreuung zur Pflicht machen. Firmen, die sich schon heute engagieren, werden berücksichtigt: eigene Investitionen in die Betreuung werden angerechnet; die Pioniere sollen schliesslich nicht bestraft werden. Wir wollen mit unserer Diskussion bewusstmachen, dass die Kinderbetreuung alle angeht und am Ende alle davon profitieren, auch die Kinderlosen. Schliesslich sind Kinder die künftigen Steuerzahler, und wir sollten als ganze Gesellschaft ein Interesse daran haben, dass es sich lohnt, Kinder zu haben und gleichzeitig einen Beruf auszuüben. Sagen wir deshalb Ja zur Kinderbetreuung! Ja zur Verantwortung von Eltern, Gemeinden UND Unternehmen! Ja zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf! Und damit Ja zur Gleichberechtigung und zur Beseitigung struktureller Ungleichheit.
Dayana Mordasini