Von Ezgi Akyol
Die Stadt Zürich pflegt Städtepartnerschaften mit Kunming und San Francisco. Städtepartnerschaften stehen im Zeichen der Solidarität und der bürgerschaftlichen Verbrüderung, wie die Stadt Zürich auf ihrer Webseite schreibt.
Rebekka Wyler (SP) und ich haben nun im Gemeinderat mit einem Postulat eine Städtepartnerschaft zwischen Zürich und der Stadt Diyarbakir zur Diskussion gestellt. Diese Partnerschaft soll die internationale Kooperation, vor allem auf zivil-gesellschaftlicher Ebene fördern.
Ausnahmezustand im Südosten der Türkei
Diyarbakir (oder kurdisch: Amed) ist eine kurdische Stadt im Südosten der Türkei. Seit Monaten herrschen dort in den kurdischen Gebieten bürgerkriegsähnliche Zustände – hunderte ZivilistInnen wurden von Sicherheitskräften ermordet. Die AKP-Regierung rechtfertigt die kollektive Bestrafung der Bevölkerung in den Hochburgen der kurdischen Bewegung mit Terrorbekämpfung.
Ganze Stadtteile wurden wochenlang zu Kriegsgebieten mit Ausgangssperren erklärt, die Strom- und Wasserversorgung wurde unterbrochen. Verwundete haben keinen Zugang zu medizinischer Versorgung, Leichen bleiben tagelang auf der Strasse liegen. Tausende Kinder können den obligatorischen Schulunterricht nicht besuchen. Bis zu 200‘000 KurdInnen sind auf der Flucht im eigenen Land.
Die AKP-Regierung versucht die Türkei zu spalten. Eine Städtepartnerschaft zwischen Zürich und Diyarbakir könnte eine (symbolische) Plattform bieten, um dieser Spaltung ein bisschen entgegenzuwirken.
ZürcherInnen könnten gemeinsam mit unseren Behörden im Infrastruktur- und Versorgungsbereich konkrete Hilfestellung leisten. Dabei sollen auch Mitglieder des Zürcher Gemeinderates eine wichtige Rolle spielen.
Alternative Gesellschaftsstrukturen
Auch Zürich könnte von einer solchen Partnerschaft profitieren. Die kurdische Bewegung entwickelt zurzeit in Nordsyrien und im Südosten der Türkei ein neues Gesellschaftsmodell. Dahinter steht die Idee von einem freien, demokratischen, ökologischen und geschlechtergerechten Leben.
Im Dezember 2015 haben diverse kurdische Städte ihre Autonomie und kommunale Selbstverwaltung ausgerufen. In der basisdemokratischen Selbstverwaltung sollen Dorf- und Stadtversammlungen entstehen, in denen über regionale Belange entschieden werden soll. In jeder dieser Strukturen soll nach Möglichkeit eine parallele Frauenstruktur geschaffen werden und jede Führungs- und Vertretungsposition muss gleichzeitig von einem Mann und einer Frau besetzt sein.
Ein Austausch zu den Themen Föderalismus, Basisdemokratie und Geschlechtergerechtigkeit könnte meines Erachtens für beide Städte höchst interessant und Früchte tragend sein.
Aus: Zürich West 23. März 2016
Postulat von Ezgi Akyol und Rebekka Wyler (GR 2016/61)