- In absoluten Zahlen vermag die SVP ihre Anhängerschaft in Ausländerfragen gesamtschweizerisch bei allen drei Abstimmungen hervorragend zu mobilisieren, bei stark steigender Stimmbeteiligung kann sie jedoch nicht mehr zulegen und fällt damit prozentual zurück;
- die Durchsetzungs-Initiative (DSI) erhält mit 1.375 Mio nur unwesentlich weniger Ja-Stimmen als die Ausschaffungs-Initiative (ASI) fünf Jahre zuvor mit 1.398 Mio;
- erdrückend ist dagegen der Zuwachs der Nein-Stimmen von 1.243 Mio (ASI) um 724’000 auf 1.967 Mio (DSI);
- vor allem im Kanton Zürich und in den grossen Städten Zürich, Winterthur, Basel, Bern, Luzern, St. Gallen und Genf erleidet die SVP mit der DSI gegenüber der ASI dagegen auch in absoluten Zahlen einen massiven Rückschlag und verliert zwischen einem Siebtel und einem Fünftel der Ja-Stimmenden von 2010;
- Zuwächse in absoluten Zahlen verzeichnet die DSI gegenüber der ASI in allen Ja-Stimmen-Kantonen (AI, NW, OW, SZ, UR, TI) sowie in Glarus und Graubünden;
- auch in vier welschen Kantonen (FR, JU, VD und VS) macht die DSI mehr Ja-Stimmen als die ASI; hier dürften sich die Terroranschläge in Frankreich und die allgemein viel schwächere Gegenmobilisierung in der Romandie ausgewirkt haben;
- fast schon als mythologische Geisterbeschwörung mutet an, dass neben Appenzell-Innerrhoden und dem Tessin, das sich ennet des Gotthards von der eidgenössischen Politik zunehmend im Stich gelassen fühlt, sich ausgerechnet die drei Kantone der Urschweiz (Uri, Schwyz, Nid- und Obwalden) zustimmend geäussert haben. In diesem patriotischen Niedrigsteuer-Reduit weiss man schliesslich, was sich gehört: Ein Tritt in den Hintern für die kosovarischen underdogs und Secondos und ein Hofknicks für die pauschalbesteuerten Oligarchen;
- die Stimmbeteiligung steigt kontinuierlich von 52.95% (ASI) über 56.57% (MEI) auf 63.10% (DSI); hinter EWR (1992: 78.7%), Überfremdungs-Initiative (1974: 70.3%) und GSoA (1989: 69.2%) erreicht die DSI das vierthöchste Ergebnis seit Einführung des Frauenstimmrechts.
Salopp vereinfacht könnte man folgendes Fazit ziehen: die rechten Wutbürger im Kielwasser der SVP marschieren bei ausländerpolitischen Vorlagen regelmässig und zuverlässig zur Urne, die andern nur von Fall zu Fall.
Das Nein ist also ganz klar durch die Zusatzmobilisierung der sonst schweigenden Lämmer zustande gekommen. Aber nicht nur. Absolut bemerkenswert ist die massive Erosion der Ja-Stimmen in den urbanen Zentren trotz steigender Beteiligung. Am massivsten Ja-Stimmen verliert die SVP in den Städten Zürich (-21.3%), Winterthur (-21.2%), Bern (-21.6%), Basel (-19.4%) und St. Gallen (-19.7%). Markant ist auch die Entwicklung im Kanton Zürich, wo die SVP bei der Minarett-, Ausschaffungs- und Masseneinwanderungs-Initiative bisher jeweils konstant auf 240’000 Ja-Stimmen zählen konnte und am 28. Februar abrupt um über 30’000 zurückfällt:
Datum |
Initiative |
Ja-Stimmen |
29.11.2009 |
Minarett |
239 656 |
28.11.2010 |
Ausschaffung |
243 913 |
09.02.2014 |
Masseneinwanderung |
239 139 |
28.02.2016 |
Durchsetzung |
209 096 |
Fazit Nr. 2: Wo eine starke Gegenmobilisierung stattfindet, steigt nicht nur die Zahl der Nein-Stimmenden, sondern auch der soziale Druck auf die Befürworter, von denen ein Teil umschwenkt oder sich verunsichert gar nicht an der Abstimmung beteiligt.
Die Detailzahlen zur Auswertung findest du hier.
P.S. ein bisschen Stolz und ein wenig Schadenfreude darfs zum Schluss doch noch sein: Mein Stadtkreis 4/5 hat mit 87.07% NEIN gesagt und sogar Herrliberg brachte es mit 63.81% auf fast zwei Drittel NEIN…
DSI: Vergleichsanalyse nach Regionen und Städten (PDF)DSI: Kantonsergebnisse (PDF)Ausländerpolitische Abstimmungen Kanton Zürich 2004-2016 (Excel)
Blog von Niggi Scherr als PDF