Von Andreas Kirstein, Secondo und AL-Fraktionspräsident
Meine Eltern waren der Ansicht, sie würden mit oder ohne Schweizer Pass entweder akzeptiert oder nicht und sie wollten auch nicht als „Papierlischwyzer“ gelten. Die ganze Familie hatte also die Niederlassung C und einen entsprechenden Ausländerausweis. Meine Frage, was denn nun der Unterschied zu einem Schweizer Pass und Bürgerrecht sei, pflegte mein Vater uns Kindern zu sagen: „Es gibt eigentlich gar keinen Unterschied. Wir sind den Schweizern völlig gleichgestellt, nur dass wir eben nicht wählen und stimmen gehen dürfen.“ Alle fünf Jahre marschierten wir aufs Kreisbüro um die sogenannte Kontrollfrist der C-Bewilligung zu verlängern. Manchen Gemeindebeamten schien die Prozedur eher peinlich zu sein, vor allem weil ich in die Formularrubrik „Grund Ihres Aufenthaltes“ konsequent reingeschrieben hatte: „Eine wahrhaft philosophische Frage angesichts der Tatsache, dass ich hier geboren bin.“
Meine Eltern – inzwischen längst verstorben – würden sich wundern, wie wenig ihre Einschätzung über den kleinen Unterschied zwischen Niederlassung und Bürgerrecht heute noch zutrifft. Bereits mit der Ausschaffungsinitative in der heute angedachten Umsetzung werden BürgerInnen zweiter Klasse geschaffen. Dies wird in der Diskussion um die DSI gerne vergessen. Diese gilt bei Annahme nun auch für Delikte geringeren Ausmasses und zudem – und das ist verheerend – wird den Richterinnen und Richtern jeder Ermessensspielraum genommen. Selbst Menschen, die hier geboren sind und ihr Heimatland nur wenig oder gar nicht kennen, können dorthin ausgeschafft werden und dies aufgrund geringfügiger Delikte. Wer sich den Paragrafendschungel unseres Nannystaates mit seinen tausenden und abertausenden Regeln, Reglementen und Gesetzen vor Augen führt, erinnert sich vielleicht daran, wie leicht wir hier zum Stolpern kommen.
Meine Eltern würden sich in einem solchen Land nicht mehr heimisch fühlen und das, obwohl sie sich immer an die Gesetze gehalten haben. Aber in einem Land, in dem auch Rechenautomaten die Richterfunktion übernehmen könnten, hätten sie nicht leben wollen und ich will das auch nicht. Deshalb stimme ich überzeugt NEIN zur Durchsetzungsinitiative.
Andreas Kirstein