Es brauchte einen Stimmrechtsrekurs der AL beim Bezirksrat und eindringliche Fragen von Rechnungs- und Geschäftsprüfungskommission, um Energiegeneral Andres Türler zum Einlenken zu zwingen. Vor zwei Wochen hat der Stadtrat das Hinterzimmergemauschel um die Limmat Energie AG gestoppt und sich bereit erklärt, endlich dem Gemeinderat Mitspracherechte bei der Konzeption des geplanten Energieverbunds Zürich-Altstetten einzuräumen.
Seit längerem bestehen Pläne, die Abwärme des Klärwerks Werdhölzli für einen Fernwärmeverbund im Kreis 9 zu nutzen. Bis vor kurzem liefen die Vorbereitungsarbeiten dafür über das städtische ewz und seine Contracting-Abteilung. Am 10. Juli 2015 beschloss der Stadtrat dann auf Antrag von DIB-Vorsteher Türler, sich mit 2 Mio Franken an der neu zu gründenden Projektgesellschaft Limmat Energie AG zu beteiligen; die anderen 2 Mio Franken sollte Energie 360o AG, die privatisierte städtische Gasversorgung, beisteuern. Damit sollte erstmals auf Stadtgebiet ein Fernwärmeprojekt über eine privatrechtliche AG realisiert werden. Da der Stadtrat Ausgaben bis zu einem Betrag von 2 Mio Franken in eigener Kompetenz beschliessen kann, blieb der Gemeinderat bei diesem strategischen Konzeptentscheid aussen vor. Er käme erst bei einer später nötigen Kapitalerhöhung zum Zug – wenn bereits unumkehrbare Sachzwänge geschaffen worden wären. Mehr als medialer und parlamentarischer Protest blieb der AL-Fraktion damit nicht.
Bei der Vorberatung des Budgets 2016 durch die RPK zeigte sich jedoch, dass neben den 2 Mio Franken für die Beteiligung an der Limmat Energie AG offenbar noch weitere städtische Ausgaben in dieser Sache getätigt worden oder geplant waren. Mit einem Stimmrechtsrekurs verlangte ich namens der AL den Stopp der Privatisierungsübung, da die stadträtlichen Ausgabenkompetenzen offenkundig überschritten waren. Mitte Januar gab der Bezirksrat einen klaren Schuss vor den Bug ab, als er den vom Stadtrat beantragten Entzug der aufschiebenden Wirkung abschmetterte. Inzwischen hat der Stadtrat den 2-Mio-Kredit für die Beteiligung an der Limmat Energie AG zurückgezogen und vorerst 1.96 Mio Franken für nötige bauliche Vorinvestitionen durch das ewz beschlossen.
Das Projekt Limmat Energie AG ist Teil des Privatisierungs- und Ausgliederungskonzepts, das der Vorsteher der Industriellen Betriebe parallel mit der Vorlage zur Ausgliederung des ewz vorantreibt. Seit zwei Jahren finden innerhalb des DIB Konzeptdiskussionen über eine sogenannte «Konzernstrategie» im Energiebereich statt. Moderiert werden sie gegen gutes Geld durch die BHP Partner AG, die dem Energie 360o AG-Verwaltungsrat Ernst A. Brugger nahesteht. Das Ziel ist offenkundig: schrittweise Zusammenführung des ewz und der bereits privatisierten Gasversorgung zu einem ausgegliederten städtischen Energiekonzern. Erste Salamirädchen dieser Strategie sind joint-ventures wie die Limmat Energie AG und die beantragte Ausgliederung des ewz in eine öffentlich-rechtliche Anstalt.
Der Umbau der städtischen Energieversorgung Richtung 2000-Watt-Gesellschaft ist ein Schlüsselprojekt der nächsten Jahrzehnte. Die AL-Fraktion ist dezidiert der Meinung, dass dies unter demokratischer Kontrolle und Mitsprache von Parlament und Volk geschehen soll. Darum sagen wir Nein zur Ausgliederung des ewz und zum privatrechtlichen Konstrukt der Limmat Energie AG. Für eine Energiepolitik aus einer Hand wäre im Gegenteil eine Rekommunalisierung der privatisierten Energie 360o AG angezeigt.
Und wie geht es konkret mit dem Fernwärmeprojekt weiter? Der Stadtrat wird wohl demnächst dem Gemeinderat einen Beteiligungskredit an der Limmat Energie AG beantragen. Die AL fordert dagegen eine Krediterhöhung für das ewz, damit dieses die Vorabklärungen bei potenziellen Kunden vornehmen kann. Erst wenn klar ist, ob der Verbund überhaupt im geplanten Umfang realisiert werden kann, soll entschieden werden, in welcher Rechtsform das geschehen soll.
Niklaus Scherr
Aus P.S. 19. Februar 2016
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