Die wichtigsten Einkommensquellen des Staates waren von jeher Steuern und Abgaben auf dem Konsum und auf Liegenschaften; mit der bürgerlichen Revolution sind dann Einkommens-, Vermögens- und Erbschaftssteuern hinzugekommen. Konsumieren tun wir alle und Liegenschaften sind per Definition immobil, darum können sich beide Bereiche nur schlecht der Besteuerung entziehen.
Soweit die Theorie. Allerdings unterliegt der Konsum weit stärker der Besteuerung als der Grundbesitz. Auf allem, was wir konsumieren, entrichten wir 8.0% Mehrwertsteuer. Selbst auf Lebensmitteln sind es noch 2.5%, die wir mit jedem Stück Brot und jedem Glas Milch dem Staat abliefern. Und: die MWST-Sätze sind seit der Einführung dieser Steuer 1995 gestiegen: von 6.5% auf 8.0% resp. 2.0% auf 2.5% für Lebensmittel und Bücher.
Ganz anders beim Grundbesitz. Obwohl klar eine Minderheit im Land (38%) und noch mehr im Kanton (29%) und in der Stadt (10%), gelingt es den Hauseigentümern und ihren Verbänden dank aggressivem Lobbying immer wieder, Steuern und Abgaben auf dem Grundbesitz zu verhindern, abzuschaffen oder zu reduzieren. Liegenschaftenverkäufe unterliegen – im Gegensatz zum Kauf und Verkauf von Brot, Velos oder Autos – nicht der Mehrwertsteuer. Ein happiges Privileg. Doch damit nicht genug. So hat der HEV Zürich 2003 mit einer demagogischen Abstimmungskampagne die den Gemeinden zustehende Handänderungssteuer (1.5% der Kaufsumme) gekippt, indem er den Mietern nach dem Wegfall niedrigere Mieten versprach. Die Folge: den Gemeinden entgehen Jahr für Jahr 120 Mio Franken, davon allein rund 35 Mio oder zwei Steuerprozente in der Stadt Zürich. Kein glückliches Händchen hatte der HEV dagegen mit seinen verschiedenen Anläufen, die Grundstückgewinnsteuern auf die eine oder andere Art zu reduzieren, zuletzt mit einer Niederlage in der Volksabstimmung vom März 2013. Zurzeit ist bereits wieder eine neue Reduktionsvorlage in der Pipeline des Kantonsrats.
Seit mehr als einem Jahrzehnt versuchen der HEV und seine Wasserträger im Kantonsrat, auch die Grundbuchgebühren, die bei Verkäufen oder Eintragung einer Hypothek anfallen, zu reduzieren und schliesslich durch eine blosse Kanzleigebühr zu ersetzen. Sie betragen zurzeit 1.5 Promille der Kaufsumme und sollen jetzt auf 1 Promille reduziert werden. Ein erster Anlauf für eine Reduktion scheiterte 2003 im Kantonsrat, 2009 wurde dann eine Senkung von 2.5 auf 1.5 Promille durchgedrückt. Die Grundbuchgebühren sind eine sogenannte Gemengsteuer, also ein Mix aus Gebühr und Steuer. Dies ist sinnvoll, helfen doch Gross-Investoren mit ihren hohen Abgaben die Belastung für Kleineigentümer tief zu halten. Zudem können mit den Überschüssen aus dem Grundbuchbereich die defizitären Konkursämter quersubventioniert werden. Und last but not least resultiert ein Gewinn von 25 – 30 Mio Franken für die Staatskasse. Verglichen mit den Nachbarkantonen sind die heutigen Zürcher Gebühren überaus moderat: in Schaffhausen betragen sie 2 – 6 Promille, in Aargau und Thurgau 4 Promille.
Dank dem Behördenreferendum von AL, Grünen, SP und EVP stimmen wir am 28. Februar über dieses Gebührengeschenk an die Besitzenden ab. Dem Kanton würden damit 15 – 20 Mio Franken pro Jahr entgehen. Profiteure wären Banken, Versicherungen und grosse Immobilienfirmen. Allein die Credit Suisse hätte z.B. beim Verkauf des Uetlihofs für 1 Milliarde Franken 500’000 Franken eingespart.
Man darf wohl mit Fug und Recht behaupten, dass die Hauseigentümerverbände eine der egoistischsten Lobbyorganisationen unseres Landes sind. Zwar schützt der Staat mit äusserst eigentumsfreundlichen Bestimmungen in Verfassung und Gesetzen das private Eigentum, aber die Profiteure dieser Rechtsordnung benehmen sich steuerpolitisch als eigentliche Trittbrettfahrer. Am 28. Februar können wir sie mit einem Nein an ihre Verantwortung erinnern.
Niklaus Scherr
Meh Biss-Blog als PDF (P.S. vom 22. Januar 2015)