Am 19. September hat der Tagesanzeiger seine Wahlumfrage für den Kanton Zürich publiziert. Sie basiert auf über 6‘000 Rückmeldungen im Rahmen einer Mailumfrage und ist damit breiter abgestützt als die üblichen Meinungsumfragen, die in der Regel bloss auf Angaben von gut 1‘000 Personen beruhen. Bei den Regierungsratswahlen 2015 erwies sich die nach dem gleichen Verfahren ermittelte Prognose als erstaunlich genau.
AL und FDP in Pole-Position
Das Hauptergebnis der neuen TA-Umfrage: der Trend der Kantonsratswahlen vom April 2015 setzt sich fort, sowohl was den Vormarsch von AL und FDP wie den Krebsgang von Grünen und glp betrifft. Die AL kommt auf 2.9%, das entspricht praktisch dem Ergebnis der Frühjahrswahlen. Für ein Vollmandat braucht es im Kanton Zürich 2.78% Wählerstimmen, für ein Restmandat reichen je nach Konstellation 2.4% bis 2.6%. Wir liegen also absolut im Zielbereich für ein Mandat. Aufschlussreich an dieser Umfrage: SP und Grüne verlieren zusammen 1.7%, die AL gewinnt 1.6%; Gewinn und Verlust halten sich innerhalb der Linken also die Waage, Linksgrün fällt insgesamt nicht hinter das Ergebnis von 2011 zurück, wie es gesamtschweizerische Umfragen erwarten lassen.
Das gfs-Wahlbarometer
Ein ähnlicher Trend lässt sich indirekt auch dem gfs-Wahlbarometer von Claude Longchamp entnehmen. Neben den grösseren, in Bern vertretenen Parteien weist gfs bei ihren Umfragen jeweils noch „übrige Parteien“ aus. In diesem Sammelposten sind neben der Lega, dem MCG Genf und den Piraten vor allem Stimmen für die Alternative Linke (AL, PdA und SolidaritéS) enthalten. Bei den Wahlbarometern 2011 schwankte der Anteil der „Übrigen“ zwischen 1.1% und 3.3%. Bei der Halbzeitumfrage im September 2013, nach der Wahl von Richi Wolff, schnellte der Stimmenanteil der „Übrigen“ (immer aus Vergleichsgründen inkl. Lega) auf 4.7% empor. Er steigerte sich bis im Juni 2015 weiter auf 6.5% und hielt sich auch im September 2015 bei 6.1%. Diese Veränderungen sind signifikant und liegen nicht bloss innerhalb des statistischen Unschärfebereichs.
Erfolgsaussichten auch in der Romandie
Auch der Journalist Stefan Trachsel, der mit einem speziellen Computer-Simulationsprogramm arbeitet, sieht auf AL-Sitz in Zürich und sogar mit 98 Prozent Wahrscheinlichkeit mit einem Sitz von „Ensemble à Gauche“ in Genf. In allen welschen Kantonen haben sich die Linksparteien PdA/POP und SolidaritéS nach Jahren der Zerstrittenheit endlich zu einer gemeinsamen Liste zusammengefunden. Damit sind auch in der Waadt und in Neuenburg Sitzgewinne möglich.
Natürlich sind das alles Umfragen mit allen Unwägbarkeiten und Unschärfen. Aber sie zeigen, dass die AL im Bewusstsein der Wählenden ein valabler Player mit Aussicht auf Erfolg ist. Dieser wird sich allerdings nur einstellen, wenn wir in diesen letzten vier Wochen nochmals Schub geben. Entschieden ist die Wahl erst am 18. Oktober um 12 Uhr.
Niggi Scherr
Wahlumfrage Tagesanzeiger vom 19.9.2015 (Grafik, JPG)
restmandat.ch: Sitzprognose Kanton Zürich (JPG)
restmandat.ch: Sitzprognose Kanton Genf (JPG)
gfs-Wahlbarometer September 2015: Parteistärken (PDF)