Ein Kitaplatz hat seinen Preis. Er liegt in der Schweiz mit 111 Franken pro Tag kaum höher als im benachbarten Ausland, wie die anfangs Juli veröffentlichte Studie des Bundesamts für Sozialversicherungen zeigt. Anders als in den Nachbarländern, wo die Eltern maximal 25 Prozent der Kosten selbst zu tragen haben, gehen die Elternkosten bei uns allerdings ans Läbige. Im Kanton Zürich werden 66 Prozent der Kosten von den Eltern getragen. Im Kanton Waadt, wo auch die Unternehmen flächendeckend eingespannt sind, liegen die Elternkosten noch bei 40 Prozent.
Genau hier setzt die AL-Volksinitiative „Bezahlbare Kinderbetreuung für alle“ an, die auch im Kanton Zürich die Unternehmen mit ins Boot holen will. Bei Verbands- und Kita-Verantwortlichen stösst unser Ansinnen auf offene Ohren, wie erste Gespräche zeigen. Umgekehrt machen diese Gespräche hellhörig für Anliegen und Tendenzen, die wir im Auge behalten sollten.
- Neben der Anschubfinanzierung, die der Bund um weitere vier Jahre verlängert hat, brauchen zwingend auch bestehende Kitas Unterstützung. Wegen der wachsenden Konkurrenz von teilweise auch wirtschaftlich orientierten Akteuren stehen sie unter grossem Druck, sind da und dort nur noch teilweise ausgelastet oder müssen sogar Personal entlassen – das bedroht die bisherige Qualität.
- Kitas sind Frauenwelten mit Frauenlöhnen. Eine Fachperson Betreuung (FaBe) startet nach den Lohnempfehlungen des Berufsverbands mit einem Bruttolohn von 4000 – 4200 Franken, für die Kindererzieherin mit Höherer Fachschule liegen 4700 Franken drin. Wenig Geld für eine anspruchsvolle Arbeit! Wie viel ist uns Kinderbetreuung wert?
- Manch einer mag mit „Krippe“ noch das Bild einer ausländischen Fabrikarbeiterin verbinden, die frühmorgens mit schlaftrunkenen Kindern im Tram unterwegs ist. In Wirklichkeit wird gerade in wenig integrierten ausländischen Kreisen die Kinderbetreuung häufig im erweiterten Familienkreis und in der Subkultur organisiert. Und dabei läge in den Kitas ein Schlüssel zur Integration!
- Umgekehrt macht es aus Kindersicht viel Sinn, auch in hohen Einkommensklassen einen Anreiz für die Kita-Betreuung hinzubekommen. Denn die Kita schafft Frei- und Spielraum bei drohender Dauerüberwachung durch Nannys und ehrgeizige Mütter.
- Weil der Tagesansatz für Eltern so hoch ist, bleiben manche Kinder bis zu 11 Stunden in der Krippe – dafür nur an zwei oder drei Tagen pro Woche. Für die Eltern eine nachvollziehbare finanzielle Überlegung – für die Kinder Stress. 11 Stunden sind zu viel! Qualität bedeutet auch kindergerechte Zeiten.
- Überhaupt sind 2 – 3 Kitatage pro Woche die Regel. Dahinter verstecken sich häufig traditionelle Rollenbilder. Der Mann arbeitet vollzeitlich, die Frau ist für die Kinderbetreuung (und die hauptsächliche Organisation des Haushaltes) zuständig – ob mit oder ohne Kita ist allein ihre Angelegenheit. Mit guten Gründen können sich Eltern für Voll- oder Teilzeitpensen entscheiden … einfach bitte gerecht verteilt. Wenn wir noch in diesem Jahrtausend die gleichwertige Präsenz von Frauen und Männern im Erwerbs- und öffentlichen Leben wollen, brauchen wir einerseits bezahlbare Kitas. Andererseits müssen die Männer ihren Anteil an unbezahlter Care-Arbeit konsequent übernehmen.