Mit einer dürren Medienmitteilung hat der freisinnige Zürcher Stadtrat Andres Türler am 14. August die Gründung der Limmat Energie AG bekanntgegeben. Als Verwaltungsratspräsident der im Jahr 2000 aus der Stadtverwaltung ausgegliederten Zürcher Gasversorgung und politischer Chef des städtischen Elektrizitätswerks ist Türler die Schlüsselfigur hinter dem vom Zürcher Stadtrat abgesegneten Fernwärme-Outsourcing. Das ewz und die heute als Energie 360 Grad AG firmierende Gasversorgung sind die beiden Eigentümer der mit einem Aktienkapital von stolzen 4 Millionen Franken dotierten Limmat Energie AG, deren Auftrag nur die Projektierung eines Wärmeverbundes sein soll. Für den ewz-Anteil hat der Stadtrat 2 Millionen gesprochen, haargenau den Höchstbetrag, den er noch in eigener Kompetenz beschliessen kann…
Konzession vergeben
Der Deal ist von den Medien als Randnotiz aufgenommen worden, weil die städtische Medienmitteilung den Deal hinter dem Deal mit keinem Wort erwähnt. Eine Woche zuvor – am 7. August 2015 – hat die Stadt der Limmat Energie AG im freihändigen Verfahren, ohne Ausschreibung, die Konzession für Projektierung, Bau und Betrieb der öffentlichen Fernwärmeversorgung in Altstetten und Höngg und damit die Nutzungsrechte für die als Energiequelle dienende Abwasser der Kläranlage Werdhölzli vergeben. Die Limmat Energie AG ist erst in Gründung begriffen und bis heute noch nicht im Handelsregister eingetragen. Weil sie zwar städtisch beherrscht, aber rechtlich gesehen eine private Gesellschaft ist, musste der Vergabeentscheid nach WTO-Richtlinien publiziert werden. Die Rekursfrist ist am 17. August abgelaufen.
Alleingang
Natürlich verkauft Andres Türler die Gründung der Limmat Energie AG als grossen Schritt zur Umsetzung der vom Volk beschlossenen 2000-Watt-Strategie. Dass der Stadtrat mit der Beteiligung den Bau eines grossen städtischen Infrastrukturprojekts einer Aktiengesellschaft übertragen hat, verschweigt der Chef der Industriellen Betriebe jedoch tunlichst. Nach dem Vergabeentscheid gehört die Konzession für den Betrieb des neuen Fernwärmenetzes in Altstetten und Höngg zur Hälfte der Energie 360 Grad. Das Kalkül ist offensichtlich: Bei den noch ausstehenden demokratischen Entscheiden über den Bau dieses Fernwärmenetzes soll nicht mehr über dessen Organisationsform diskutiert werden.
Es ist das erste Mal, dass die stolze Stadt Zürich ein grosses Infrastrukturprojekt einer privatrechtlich organisierten Firma überträgt. Die Hoheit über ein wichtiges Versorgungsnetz wird damit der demokratischen Kontrolle entzogen. Das ist ein schlechtes Omen.
28. August 2015
Andreas Kirstein, Gemeinderat AL
Artikel als PDF