Niggi Scherr
Auf tötelig schwarzem Hintergrund im gothic style fordern Plakate und Flyer uns auf: sag „LUXUSWOHNUNGEN NEIN“. Luxuswohnungen wären ja schon schlimm genug, aber – glaubt man den Gegnern der städtischen Wohnsiedlung Hornbach – es sind auch noch „subventionierte Luxuswohnungen“. Und, besonders verwerflich, Wohnungen „mit Seesicht“.
Wer lügt am unverschämtesten?
„Wer lügt am unverschämtesten?“ fragte kürzlich Inlandredaktor Zeller in der NZZ zu den Abstimmungen vom 14. Juni. Und meinte natürlich die bösen linken Umverteiler und ihr liberales Erbschaftssteuer-Projekt. Bei den kommunalen Abstimmungen fällt die Antwort leicht. Garantiert faktenfrei: so kommt die Nein-Kampagne zur städtischen Wohnsiedlung Hornbach daher. Bar jeder Sachkenntnis, wollte ich eigentlich schreiben. Aber da hier ausgebuffte PR-Profis wie der langjährige SVP-Zentralsekretär Gregor Rutz am Werk sind, muss ich annehmen, dass sie die Fakten kennen und wider besseren Wissens Dreck schmeissen. Oder – schlimmer noch – dass sie, wie Parteisoldat Tuena, mittlerweile alles selber glauben, was sie verbreiten.
Verwirrslogan für Dummies
Mit dem suggestiven Verwirrslogan „Luxuswohnungen Nein“ peilt die Kampagne in bestem SVP-Groove offenbar eine Wählergruppe an, von der angenommen wird, dass sie das Kleingedruckte nicht liest. Wer wäre schon nicht gegen Luxuswohnungen? Jeder, der die Abstimmungszeitung lesen und rechnen kann, weiss jedoch: die 4.5-Zimmer-Wohnungen haben massvolle 95 – 109 m2 Wohnfläche, die Erstellungskosten liegen bei 412‘000 Franken. Nix Luxus, nix goldene Wasserhähne und Marmor-Schnickschnack. Die 122 Wohnungen kosten, inklusive Landkosten, rund 60 Millionen Franken. Der Rest des 100 Millionen-Kredits, über den wir abstimmen, entfällt auf die geplanten 23 Gewerberäume, den Werkhof für Grün Stadt Zürich, Kinderhort und Kita und – last but not least – auf die sündhaft teure Tiefgarage mit 83‘000 Franken Erstellungskosten für jeden der 103 Parkplätze.
Die Strippenzieher der Nein-Kampagne (von links): FDP-Gemeinderat Albert Leiser (HEV), CVP-Präsidentin Nicole Barandun (Gewerbeverband) und SVP-Nationalrat Gregor Rutz (HEV). Nach einem Originalbild der Freilichtaufführung des Hornberger Schiessens.
Die Strippenzieher: Hauseigentümer- und Gewerbeverband
Wer aber steckt hinter der Nein-Kampagne? Prominent zuoberst und zuunterst auf dem Nein-Flyer prangen die Konterfeis von Nicole Barandun (Präsidentin Gewerbeverband, Präsi CVP Kanton) und Albert Leiser (Direktor Hauseigentümerverband (HEV), FDP-Gemeinderat) mit FDP-Präsi Michael Baumer und SVP-Fraktionschef Mauro Tuena in der Mitte. Der gegnerischen Webseite kann man entnehmen, dass der Abstimmungsflyer aus der PR-Giftküche von Nationalrat Gregor Rutz stammt, seines Zeichens Ausschussmitglied des Zürcher Hauseigentümerverbands und Vize SVP Kanton.
Sechsstelliges Kampagnen-Budget
Die Anti-Hornbach-Troika Barandun, Leiser & Rutz legt auch eine klare Fährte, woher die Kohle stammt: vom Hauseigentümer- und vom Gewerbeverband. Und die Gegner lassen sich nicht lumpen: Stadtweite Verteilung eines Abstimmungsflyers (Druck: 12‘000.-, Promopost-Verteiler: 36‘500.-), Plakat (Druck und Aushang: 15‘000.-) und Inserate (Tagblatt und Quartierzeitungen 15-20‘000.-, Gesamtaufwand unklar). Zusammen mit den Agentur- und Grafikkosten dürften die Gegner deutlich mehr als 100‘000 Franken verbraten – nicht nüt für eine einzelne Bauvorlage…
P.S. Einige werden sich fragen, was der Titel dieser Kolumne soll. Wer hat nicht schon vom berühmten „Hornberger Schiessen“ gehört, bei dem ohne Erfolg alles Pulver verschossen wurde? Wir widmen unseren Gegnern dazu ein schönes Poem aus dem Jahr 1564:
Jedwedes Kind auf der weiten Erd
Vom Hornberger Schiessen schon hat gehört,
das Pulver ging aus zur schönsten Stund,
so dass man nicht mehr schiessen kunnt!
Hornbacher Schiessen Nr. 1: Wes Brot ich ess (PDF)