Steuersubventionen für Bank-Bussen?
Der Kanton schreibt für 2014 ein Defizit von 123 Millionen Franken. Mit ein Grund dafür: die anhaltend grossen Verlustvorträge der Grossbanken CS und UBS. Ein Teil dieser Verluste geht auf bereits bezahlte Bussen resp. Rückstellungen für erwartete Strafzahlungen an ausländische Behörden in Milliardenhöhe zurück: wegen aktiver Beihilfe zur Steuerhinterziehung, Zinsmanipulationen beim LIBOR, Übervorteilung von Bankkunden etc.etc. Da ist es für verantwortungsbewusste Politikerinnen und Politiker ein staatspolitisches Muss, zu hinterfragen, ob Banken Bussen für Fehlverhalten bei den Steuern absetzen dürfen. Gelegenheit dazu bot vor zwei Jahren im Kantonsrat die Behandlung einer Einzelinitiative von Fritz Thomas Klein. Sie verlangte eine Präzisierung im Steuergesetz, wonach Firmen in- und ausländische Bussen nicht steuermindernd als geschäftsbedingten Aufwand geltend machen können. Explizit verbietet das Steuergesetz heute schon den Abzug von Schmiergeldern und Bussen für Steuervergehen. Zur Klarstellung: Einzelinitiant Klein ist nicht ein von Neid getriebener Linker, sondern ein langjähriges Kadermitglied der Credit Suisse.
Silvia S.: Christliche Absage an die Moral
Wie nicht anders zu erwarten, wurde die Einzelinitiative Klein am 29. April 2013 im Kantonsrat wuchtig abgeschmettert. Nur AL und Grüne gaben Support. Auch der Versuch der SP, wenigstens mit einer Behörden-Initiative in Bern Druck zu machen, scheiterte am rechten Betonblock. In der Debatte profilierten sich zwei bürgerliche Hoffnungsträger: Staatsanwältin Silvia S., die am 12. April Martin Graf die Justizdirektion abjagen will, und SVP-Shooting-Star Hans-Ueli Vogt, der auf einen Sitz im Ständerat aspiriert.
Wie es sich für eine christliche Politikerin gehört, machte Silvia S. geltend, die Bussenfrage dürfe „nicht aus rein moralischer Sicht angesehen werden. Sie darf auch nicht rein unter dem Aspekt der Gerechtigkeit angesehen werden. Die ordnungspolitische Frage tritt vor der wirtschaftspolitischen in den Hintergrund.“ Es käme einer „Doppelbestrafung“ gleich, wenn Firmen diese Strafzahlungen nicht in Abzug bringen könnten. „Technisch gesagt, kann man sich auf den Standpunkt stellen, dass der sitten- oder rechtswidrige Aspekt bei derartigen Geschäften mit der Busse abgegolten ist.“
Vogt: Das Monopoly-Spiel geht weiter
Auch Möchtegern-Ständerat Vogt beschwor die angebliche Doppelbestrafung. Im übrigen plädierte er für eine lässliche Sünde: „Es gehört zum gewöhnlichen Lebens- und Geschäftsrisiko, dass man gebüsst wird. In einer zunehmend durchregulierten Wirtschaft liegt einer Busse nicht per se ein moralisches Unrecht zugrunde. Sie ist halt einfach eine gelbe Karte, aber das Spiel geht weiter, die Spieler bleiben auf dem Spielfeld. Wenn Unternehmen im Dickicht der Regulierungen Gewinn erzielen sollen, dann darf man ihnen nachher nicht einen grösseren Strick als eine Busse daraus drehen. Eine Busse ist also ein Aufwand im Zusammenhang mit Geschäftsrisiken.“
Bussen sollen wehtun, auch finanziell
Kernargument der Rechten: Bussen vermindern die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Firmen, also müssen sie steuerlich berücksichtigt werden. Zweifellos vermindern Bussen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, und das bei natürlichen wie bei juristischen Personen. Sie sollen ja auch wehtun und im Portemonnaie resp. in der Firmenkasse einen spürbaren Effekt hinterlassen. Privatpersonen können Bussen jedweder Art nicht abziehen, da sind sich alle einig. Das gilt etwa für die ehemaligen Bankräte und Manager der Glarner Kantonalbank, die vor zwei Wochen wegen Sorgfaltspflichtverletzung zu 16 Millionen Franken Schadenersatz verdonnert wurden, unter ihnen SVP-Ständerat Werner Hösli zu 700‘000 Franken. Warum soll für Firmen etwas anderes gelten?
Am 12. März Martin Graf wählen
Und was sucht jetzt Martin Graf in diesem Blog? Ich habe mich über Graf immer mal wieder geärgert, bei der Carlos-Affäre, bei seiner Beschimpfung des Bundesgerichts und auch anderswo. Er mag knorrig sein und in manchem auch für mich zu konservativ. Aber Martin Graf ist keiner, der vor den Banken katzbuckelt. Darum hat er, zusammen mit Markus Bischoff, am 12. April meine Stimme.
Niggi Scherr
Wahlblog Meh Pfupf Nr. 6 als PDF
Protokoll Kantonsratsdebatte vom 29. April 2013 über Einzelinitiative Klein