In meinen Blog „Labitzke-Nachlese 1“ habe ich dargelegt, warum eine Verrechnung der polizeilichen Einsatzkosten für die Räumung des Labitzke für mich aus staatspolitischen Grundsatz-Überlegungen ausser Diskussion steht.
Beim Fussball zahlen die Clubs, nicht die Fans
Aber lassen wir uns trotzdem einen Moment auf die Forderung ein und betrachten die Sache inhaltlich etwas genauer. Verlangt wird eine Überwälzung auf die Verursacher. Vorbild ist die Vereinbarung der Stadtpolizei für die Verrechnung der Einsatzkosten bei Hochrisiko-Fussballspielen. Allerdings erliegen hier Tuena, Hohler & Co einem fatalen Denkfehler. Kostenpflichtig werden bei den Fussballspielen nämlich die Clubs, nicht die allenfalls gewalttätigen Fans. Die Polizei ortet offenbar die Veranstalter als die eigentlichen Kostenverursacher. Mit ihren hoch emotional besetzten Spielen ziehen die Fussballclubs auch Zuschauer an, die potentiell zu Rechtsverletzungen – Pyros, Prügeleien etc. – neigen. Natürlich ist allen klar, dass dabei auch handfeste Opportunitätsüberlegungen eine Rolle spielen: bei den Clubs ist zweifellos mehr Kohle zu holen als bei den Fans der Südkurve.
Mobb-Immo als Verursacher
Aufs Labitzke übersetzt, kommen wir zu folgender Schlussfolgerung: eigentlicher Verursacher der Polizeieinsätze ist im Grunde die Mobb-Immo. Sie lässt nutzbaren Raum brachliegen, stellt Mieter auf die Strasse, ohne dass ein Neubauprojekt ausführungsreif vorliegt, und plant superteure Wohnungen, die sich Normalsterbliche nicht leisten können. Alles in allem legt sie als Eigentümerin ein wenig sozialverträgliches Verhalten an den Tag. Angesichts der herrschenden Verhältnisse auf dem Wohnungsmarkt provoziert sie damit berechtigten Zorn, Protestaktionen und die Besetzung. Wenn man schon auf den Kostenüberwälzungs-Zug aufspringen will, spricht vieles dafür, der Mobb-Immo, allenfalls dem Vorbesitzer des Areals, die Kostennote zu schicken. Auch die Opportunitätsüberlegungen, die beim Fussball Anwendung finden, sprechen ganz klar dafür: bei der Mobb-Immo ist eindeutig mehr Kohle zu holen als bei den schmalbrüstigen BesetzerInnen.
Oberspecki Schönholzer auf Kriegsfuss mit dem Fiskus
Verkäufer des Labitzke-Areals ist Fredy Schönholzer. Der äusserst schmürzelige Oberspecki aus der Steueroase Hergiswil (NW), bekannt dafür, dass er seine Liegenschaften gezielt verlottern lässt, hat das Areal für 33.92 Millionen Franken an die Mobimo verkauft, das sind hochspekulative 3‘916 Franken pro m2. Zum Vergleich: die Stadt Zürich hat 2010 die angrenzende, gleich zonierte Liegenschaft Hohlstrasse 477 für 1‘398 Franken pro m2 gekauft. Mit dem Fiskus war Schönholzer, der mehrere Dutzend Liegenschaften, davon einige rund um die Langstrasse, besitzt, lange Jahre auf Kriegsfuss. Wegen Steuerprozessen musste er in Marbella im Exil ausharren, bis die Sache verjährt war.
Mobimo: 443 Millionen Franken steuerfreie Dividenden
Und wie sieht es bei der Mobimo mit der Kohle und ihrem Gemeinwohl-Beitrag als Steuerzahlerin aus? Die folgenden Angaben habe ich der lesenswerten Studie „Immo Dorado Zürich West – Bilanz 2013“ des Inura-Instituts im Auftrag des Zürcher Mieterverbandes entnommen.
Bis 2011 schleuste die Firma über ihre Tochter Mobimo Finance Ltd. in der Steueroase Jersey einen Teil der Gewinne am Fiskus vorbei. Auch die in Zürich separat, unabhängig von der übrigen Gewinn- und Verlustrechnung des Verkäufers, erhobene Grundstückgewinnsteuer ist der Mobimo ein Dorn im Auge. Mit 20 – 60% liegt sie vor allem bei kurzer Besitzdauer deutlich höher als die ordentliche Gewinnsteuer (18-22%). Mit einem Verfahren bis vor Bundesgericht erreichte die Mobimo, dass sie als ausserkantonale Liegenschaftenhändlerin (Sitz in Luzern) dortige Betriebsverluste mit Grundstückgewinnen in der Stadt Zürich verrechnen kann. Im Geschäftsbericht 2011 liest sich das folgendermassen: «Aufgrund des positiv ausgefallenen Entscheides konnten Steuerrückstellungen im Umfang von CHF 5.5 Millionen aufgelöst werden. (…) Dies führte als Sondereffekt dazu, dass im aktuellen Geschäftsjahr mit 12.9 Prozent (Vorjahr 15.3 Prozent) eine sehr tiefe Steueraufwandquote ausgewiesen wurde.»
Last but not least, pflegt die Mobimo – wie übrigens alle kotierten Immobiliengesellschaften – auch bei der Gewinnausschüttung die Steueroptimierung. Über Rückzahlungen von Aktienkapital und – Merz und der Unternehmenssteuerreform II sei Dank – Kapitaleinlage-Reserven hat sie zwischen 2002 und 2014 stolze 443 Millionen Franken steuerfreie Dividenden an die Aktionäre ausbezahlt.
Wie wärs mit einem kleinen Zustupf?
Für uns gebeutelte Steuerzahler ist die Mobb-Immo damit nicht nur wohn-, sondern auch steuerpolitisch ein Ärgernis. Bei soviel Steuerersparnis sollte doch ein kleiner Zustupf an die Räumungskosten noch drinliegen…
Labitzke-Nachlese 2: Wer soll das bezahlen – der Denkfehler von Tuena, Hohler & Co
Tuena, Hohler & Co fordern eine Überwälzung der Kosten für die Labitzke-Räumung auf die Besetzer als Verursacher. In Analogie zur Kostenbeteiligung bei Fussballspielen fragt sich Niggi Scherr, wer hier eigentlich die Verursacher sind.