Klar wurde aber in der Debatte sehr schnell folgendes: Die FDP möchte diejenigen Menschen aus den Genossenschaftswohnungen und den kommunalen Siedlungen vertreiben, deren Einkommen gerade schon so hoch ist, dass sie sich eine der überteuerten Wohnungen auf dem sogenannt freien Immobilienmarkt leisten können. Dabei macht die FDP auch vor der Kostenmiete für Genossenschaften und städtischen Wohnungen als Berechnungsmodell für die Mieten nicht halt. Gefordert wird, ab einem bestimmten Einkommen in kommunalen oder genossenschaftlichen Wohnungen zur quartierüblichen Miete – sprich Marktmiete – zu wechseln. Die Kostenmiete sorgt ja dafür, dass die Wohnungsmieten die Kosten inklusive Kapital-, Betriebs- und Erneuerungsaufwendungen decken. Jeder Preis einer Immobilie, die über die Kostenmiete hinausgeht, ist also Profit, der in die Taschen der Immobilienfirmen wandert.
Die Linke im Gemeinderat liess sich angesichts dieser Ausgangslage nicht zweimal bitten. Punkt für Punkt wurden die Ungereimtheiten, Unterstellungen und Fehlberechnungen der Motionäre zerpflückt. Von der schönen Motion blieb da nur noch der Wille der FDP übrig, den darbenden Immobilienfirmen neue MieterInnen für ihre Spekulationsobjekte in die Arme zu treiben. In Wahrheit kämpft die FDP um die Gewinne, die den Investoren entgehen, welche Luxuswohnungen erstellen, und nicht etwa für mehr Gerechtigkeit bei der Verteilung des knappen günstigen Wohnraums. Für ein solches Mietmodell städtischer und genossenschaftlicher Wohnungen liess sich aber im Gemeinderat keine Mehrheit finden und die Motion wurde deutlich abgelehnt. Es bleibt zu hoffen, dass die Motionäre aus der Niederlage etwas über den gemeinnützigen Wohnungsbau und seine grossen Vorteile für die gesamte Stadtbevölkerung gelernt haben und die weiteren Giftpfeile gegen das Recht auf Wohnen im Köcher stecken bleiben. Der Königsweg, um mehr Menschen eine kostengünstige Wohnung zu verschaffen, liegt nicht im Schüren von Neid zwischen den verschiedenen Einkommensgruppen, sondern in einer Erweiterung des Angebotes. Genossenschaften machen es bereits vor, wenn sie bei Ersatzneubauten mehr Wohnungen für mehr Menschen zur Verfügung stellen. Daneben müssen in Zukunft auch bereits gebaute Siedlungen dem Markt entzogen werden und hierfür braucht es eine aktive Kaufpolitik der Stadt und der Genossenschaften.
Artikel im Tagblatt vom 4. Juni 2014