AL-Initiative wird ernst genommen
In der Schlussabstimmung votierten SP und Grüne geschlossen sowie die eine anwesende EVP-Nationalrätin für die Initiative. Von den 12 Grünliberalen enthielten sich 2 der Stimme, interessanterweise beide aus Kantonen, wo die Abschaffung schon Thema kantonaler Abstimmungen war: Thomas Böhni aus dem Thurgau und Patientenschützerin Margrit Kessler aus St. Gallen. Das bürgerliche Lager zeigte vordergründig Geschlossenheit, aber die Länge und die Breite der Debatte belegt eindrücklich, dass unsere Volksinitiative ernst, sehr ernst genommen wird.
Widersprüchliche Argumentation der Rechten
Inhaltlich kamen kaum neue Argumente. Die Linke geisselte die neofeudalen Privilegien und forderte Steuergerechtigkeit, Steuerpflicht nach wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit, Gleichbehandlung aller und Transparenz statt Trickserei. Die Rechte beschwor den internationalen Standortwettbewerb, den Föderalismus, jammerte über die Nöte strukturschwacher Berggebiete und malte den Teufel katastrophaler Steuerausfälle an die Wand. Ihr Grunddiskurs blieb jedoch paradox und widersprüchlich wie immer: zwar bestritten sie lauthals den Privilegiencharakter der Pauschalbesteuerung, zeigten sich gleichzeitig aber felsenfest überzeugt, dass das Gros der Profiteure nach einer Abschaffung die Koffer packen würde. Privileg oder doch nicht – das ist hier die Frage.
Eiertanz der Grünliberalen
Den Spagat praktizierten die Grünliberalen. Ihre Sprecherin Kathrin Bertschy anerkannte ausdrücklich, „dass die nach dem Aufwand besteuerten Personen tendenziell zu wenig Steuern zahlen“ und dass es „in der Vergangenheit Missbrauch im Vollzug“ gegeben habe. Auch die von rechts gebetsmühlenartig beschworenen Beschäftigungseffekte würden wohl eher überschätzt. Das Trotzdem-Nein der GLP fusste schliesslich primär in der Hoffnung, dass mit den 2012 beschlossenen Verschärfungen auch der lasche Vollzug in den Kantonen korrigiert werde…
Neue Zahlen zur Wegzugs-Bilanz
Viel zu reden gab die Frage der allfällig zu erwartenden Steuerausfälle. Martina Munz konnte mit neuen, bisher unbekannten Zahlen aus Schaffhausen aufwarten. Dort hat sich der Steuerertrag trotz drei Wegzügen gegenüber vorher verdreifacht; es zeigte sich dabei, dass gerade ältere Pauschalbesteuerte eher bleiben und die höhere ordentliche Besteuerung akzeptieren. Den Propheten riesiger Steuerausfälle hielt Bundesrätin Widmer-Schlumpf entgegen, es sei schwierig „zu sagen, dass es wirklich zu Mindereinnahmen kommt oder eben nicht. Ich möchte mich da nicht auf die Äste hinauslassen.“
Blocher im Offside
P.S. Den Vogel schoss in der stundenlangen Debatte eindeutig Christoph Blocher ab (der übrigens zusammen mit Mörgeli der Schlussabstimmung fernblieb). In einem mehr als wirren Votum behauptete er, ganze zwei Pauschalbesteuerte seien in Zürich geblieben. Da kann man nur sagen: leise rieselt der Kalk…
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