Die Prostitutionsgewerbeverordnung (PGVO) wurde bei ihrem Erlass als Massnahme zur Besserstellung der Sexarbeitenden verkauft. Es war der erklärte Wille und Konsens, von einer oder zwei Sexarbeiterinnen betriebene Einzelsalons von der polizeilichen Bewilligungspflicht auszunehmen. Doch die Umsetzung der PGVO führt dazu, dass zahlreiche bisher, oft seit langem, selbständig betriebene Einzel- und Kleinstsalons, vor allem im Langstrassenquartier, wegen Kündigung durch die Hausbesitzer oder wegen fehlender polizeilicher oder baurechtlicher Bewilligungen geschlossen worden oder von Schliessung bedroht sind. Die Bestimmungen werden sehr eng ausgelegt und es werden alle Gesuche abgelehnt, sobald in ein und derselben Liegenschaft in mehr als einem Raum angeschafft wird, auch wenn die einzelnen Frauen diese Arbeit völlig selbständig und unabhängig voneinander ausüben. Bereits als bewilligungspflichtig taxiert wird eine sexgewerbliche Nutzung, die zwei Frauen in einem Zwei-Zimmer-Appartement je auf eigene Rechnung ausüben. Damit weigert sich der Stadtrat die ihm ausdrücklich gewährte Kompetenz zu nutzen, um die Befreiung von Bewilligungspflicht zu erweitern und auch auf Liegenschaften anzuwenden, in denen mehr als eine Sexarbeiterin je unabhängig und selbständig ihre Tätigkeit ausübt.
Indem der Stadtrat sich weigert, in geeigneter Form das in der geltenden BZO statuierte Grundsatzverbot für sexgewerbliche Nutzungen in Zonen mit mindestens 50% Wohnanteil aufzuheben, bleibt jede sexgewerbliche Nutzung (mit Ausnahme der Bestandesgarantie, die mit jedem Jahr weniger bedeutend wird) sowohl im ganzen Langstrassenquartier wie auch in der erlaubten Strichzone Niederdorf generell verboten. Der Stadtrat stellt sich damit hinter eine Regelung, welche die Prostitution gegenüber anderen gewerblichen Regelungen diskriminiert und pönalisiert deren Ausübung auch in Quartieren, wo sie seit Jahrzehnten üblich ist. Im Zusammenwirken mit den neuen Bestimmungen der PGVO führt die strikte Umsetzung dieser BZO-Bestimmungen zu einer flächendeckenden Verbannung der Prostitution aus den Kreisen 1 und 4. Statt einer von der Wohnbevölkerung mehr oder weniger akzeptierten Salonprostitution etwa im Langstrassenquartier könnte es bei konsequenter Umsetzung dazu kommen, dass mitten in Wohnquartieren mit hohem Wohnanteilen, etwa in Wipkingen, neu in Einzelliegenschaften mit einem Wohnanteil von 0% oder 33% Grossbordelle eingerichtet werden, was wohl kaum im Sinne des Erfinders ist.
Zürich, 7. November 2014 AL-Medienmitteilung als PDF Grafik Sex-Salons 1991 – 2013 (JPG)Grafik Verzeigungen Prostituierte und Freier 2013-14 (JPG)
Mutlose und schizophrene Prostitutionspolitik des Stadtrats
Die AL Zürich kritisiert scharf, dass der Stadtrat am baurechtlichen Grundsatzverbot für sexgewerbliche Nutzungen in Zonen mit mindestens 50% Wohnanteil festhält und auch nicht bereit ist, die polizeiliche Bewilligungspflicht für Einzelsalons, respektive seine Ausführungsbestimmungen liberaler zu handhaben. Dies trotz eines AL-Postulats, das am 11. Juni 2014 einstimmig überwiesen worden ist.