Selbstverständlich hat die AL einstimmig NEIN zur Masseneinwanderungsinitiative der SVP gesagt. Genau so selbstverständlich haben auch alle linksgrünen Parteien und die Gewerkschaften Nein gesagt. Aber auch FDP, BDP, CVP, GLP und EVP sagen nein. Auch economiesuisse und der Bauernverband sagen nein. Die ersten Meinungsumfragen ergeben ebenfalls eine Nein-Mehrheit.
Alles gut also? Ich glaube nicht und ich habe ein mulmiges Gefühl. Nach der Ausschaffungsinitiative und nach der Minarettinitiative habe ich mich gefragt, wie ist dieses Resultat entstanden? Wer von meinen Nachbarn, meinen MitarbeiterInnen, meinen Bekannten und Verwandten hat ja gestimmt? Es müssen viele gewesen sein. Und mit wem habe ich vor der Abstimmung darüber gesprochen? Ich habe mich hingesetzt und überlegt, wer konkret aus meinem weiteren Umfeld wohl wirklich Ja gestimmt hat. Oder bestenfalls extra zuhause geblieben ist. Und ich habe mir eine Liste gemacht und nachgefragt. Die Trefferquote war praktisch hundert Prozent.
Wieso habe ich diese Gespräche nicht vorher geführt? Weshalb habe ich sie, sofern ich sie geführt habe, oft abgebrochen und das Thema gewechselt? Es waren unangenehme Gespräche. Wenn ich doch einmal argumentiert habe, wechselte mein Gegenüber nicht das Thema, aber die Argumentationsebene. Ich konnte noch so gute Argumente aufführen, Unwahrheiten aufdecken, vorgebrachte Bespiele als unwahr oder unzutreffend darstellen – es nützte nichts. Es wurde von einem Argument zum anderen gesprungen. Ich kam irgendwie einfach nicht gegen die diffusen Gefühle, Ängste, die vorgefasste Meinung des Gegenübers an. Ich war dann jeweils ratlos. Oder wollte nicht unhöflich werden, oder nicht als penetrant dastehen. Oder erachtete es als hoffnungslos.
Ich merkte auch, dass es schwierig ist zu argumentieren, wenn man sich mal nicht in den eigenen Kreisen aufhält, in denen wir ja eh alle das Gleiche denken und uns gegenseitig in unserer Meinung bestärken. Wir leben zwar im selben Quartier, benutzen die gleichen Verkehrsmittel, arbeiten in der gleichen Stadt, doch unsere Wege kreuzen sich privat nicht wirklich häufig. Und wenn doch, lässt man das, was uns trennt, beiseite. Die Wahrheit ist, dass viele von uns wissen, dass ganz viele, ansonsten sympathische und offene Menschen, mit denen wir regelmässig zu tun haben, in einigen Fragen, die uns sehr wichtig sind, eine andere Meinung haben. Wir diskutieren nicht darüber. Sie auch nicht. Jedenfalls nicht mit uns. Wir sind auch meist nicht wirklich gut, in solchen Konstellationen zu argumentieren. Aber sie gehen dann auch an die Urne und stimmen JA.
Ich habe mir nach der letzten Abstimmung vorgenommen, das nächste Mal die Gespräche vor der Abstimmung zu suchen. Es auf mich zu nehmen, mich unbeliebt zu machen. Penetrant zu sein. Es ist verdammt schwer. Es ist mein Vorsatz für das Jahr 2014, jeden Tag bis zum 9. Februar mindestens ein solches Gespräch zu führen. Ich bin der Meinung, dass es nicht genügt, diejenigen an die Urne zu bringen, die eh schon unserer Meinung sind. Wir müssen auch andere davon überzeugen. Ich bin mit meinen Gesprächen bereits im Rückstand. Was macht ihr?
NEIN stimmen reicht nicht
Selbstverständlich hat die AL einstimmig NEIN zur Masseneinwanderungsinitiative der SVP gesagt. Genau so selbstverständlich haben auch alle linksgrünen Parteien und die Gewerkschaften Nein gesagt. Aber auch FDP, BDP, CVP, GLP und EVP sagen nein. Auch economiesuisse und der Bauernverband sagen nein. Die ersten Meinungsumfragen ergeben ebenfalls eine Nein-Mehrheit.Alles gut also? Ich glaube nicht und ich […]