Im Zürcher Stadtratswahlkampf zeigen sich bei den Parteien nicht nur finanziell grosse Unterschiede
Die Bürgerlichen lassen Hostessen neben Löwen posieren, und die SP hütet Kinder. Die Kampagnen der Stadtzürcher Parteien sind so unterschiedlich wie ihre Budgets. Wie viel sie zur Verfügung haben, legen allerdings nur die GLP und die AL offen.
Christina Neuhaus
Noch sind die Festtage in Zürich präsenter als der Wahlkampf. Doch spätestens nach Neujahr werden die lächelnden Gesichter die Plakatwände der Stadt endgültig erobert haben. Bereits heute kann man kaum einen Schritt machen, ohne an das aktive Wahlrecht erinnert zu werden. «Top 5» soll man wählen, «Geri für Züri» ebenfalls und «Für alle statt für wenige» sowieso.
Wenig Transparenz
Auf den Plakaten dominieren naturgemäss die Sujets der Bürgerlichen und die der SP, da diese die grössten Wahlkampfbudgets haben. SVP, FDP und CVP haben für ihre «Top 5»-Kampagne namhafte Unterstützung der Wirtschaftsverbände erhalten. Allein die Kosten für diese Dachkampagne dürften sich auf mindestens 300 000 Franken belaufen. Dazu kommen die Aufwendungen der Parteien für den eigenen Wahlkampf, die ebenfalls in die Hunderttausende gehen.
Deutlich mehr als eine halbe Million Franken kostet auch der Auftritt der SP, die schon vor Wochen mit einer vielbeachteten Teaser-Kampagne auf sich aufmerksam machte. Im Gegensatz zu den Bürgerlichen, die als Einzige auf Sponsoren aus der Wirtschaft zählen können, finanziert die SP ihre Kampagne weitgehend allein aus Mitgliederbeiträgen und Mandatsabgaben, wie SP-Co-Präsidentin Beatrice Reimann ausführte. Dazu kommen in geringerem Umfang Gönnerbeiträge Privater. Dass die Gewerkschaften den Wahlkampf der SP subventionierten, wie bei der politischen Konkurrenz gerne kolportiert wird, sei jedoch ein Märchen. Die Wahlplattform des Gewerkschaftsbundes stehe nicht in Zusammenhang mit dem SP-Wahlkampf.
Weit weniger gut bestellt ist es um die Finanzen der anderen Parteien. Die Grünliberalen etwa haben dieses Jahr zwar deutlich mehr Geld in die Hand genommen als bei den Ersatzwahlen. Das Budget, das sich laut dem GLP-Finanzchef Andreas Ruflin auf 250 000 Franken beläuft, ist im Vergleich mit den grossen Parteien aber immer noch sehr bescheiden. Wie Ruflin ausführte, sind 150 000 Franken für den Gemeinderatswahlkampf reserviert. Für den Stadtratswahlkampf muss der Kandidat Samuel Dubno weitgehend allein aufkommen. Die GLP unterstützt seinen Wahlkampf mit 30 000 Franken; die Differenz begleicht der Kandidat aus eigenen Mitteln sowie aus Spendenbeiträgen. Dass Parteien ihre Finanzen so unumwunden offenlegen wie die Grünliberalen, ist selten. In der Schweiz gibt es keine gesetzliche Verpflichtung zur Transparenz. Die SVP etwa sagt aus Prinzip nie etwas zu ihren Geldmitteln, und die SP will erst nach den Wahlen Transparenz schaffen.
«Has» spielt für Wolff
Auskunftsbereit zeigt sich neben der GLP nur noch die Alternative Liste: Sie budgetiert für die Stadt- und Gemeinderatswahlen – einschliesslich der Referendumsabstimmung über den Ausbau der Lagerstrasse – 107 000 Franken. Finanziert wird es über grössere und kleinere Spenden, wobei auch AL-Stadtratskandidat Richard Wolff einen Beitrag von 20 000 Franken leistet. Bis jetzt ist knapp die Hälfte der Summe gesichert, der Rest soll mittels Fundraising zusammenkommen.
So unterschiedlich wie die Budgets der Parteien sind auch deren Wahlkampfaktionen. Die Bürgerlichen, die sich unter der Dachkampagne «Top 5 für Zürich» zusammengefunden haben, setzen stark auf Inserate- und Plakatwerbung. Daneben organisieren sie politische Podien und lassen ihre Kandidaten gemeinsam mit Hostessen neben Plastic-Löwen posieren. Die SP setzt ebenfalls auf grafische Werbemittel, führt daneben aber seit Monaten einen personalintensiven Wahlkampf in den Quartieren. Dazu gehört nicht nur das obligate Verteilen von Flugblättern; SP-Kandidat Raphael Golta wird auch schon einmal zum Kinderhüten eingespannt, damit die potenziellen Wähler in dieser Zeit entspannt einkaufen gehen können.
Die kleineren Parteien setzen notgedrungen auf Originalität und Präsenz im Netz. Bei der Crowdfunding-Aktion der Grünen etwa können sich Sympathisanten von Stadtratskandidat Markus Knauss gegen Entgelt wecken lassen. Die CVP wiederum verkauft T-Shirts mit dem Wahlspruch von Stadtrat Gerold Lauber. Erneut als Mischung aus politischem Wider-den-Stachel-Löcken und Party präsentiert sich die Wahlkampagne für AL-Stadtrat Richard Wolff. Wie schon bei Wolffs letztem Wahlkampf lässt die Alternative Liste Künstler und Kreative für sich weibeln. Zu den prominenten Unterstützern gehört etwa die Berner Band Stiller Has, die Wolff am 29. Januar ein Ständchen gibt. Plastik-Löwen und Weckrufe (NZZ, 27.12.2013)