Leistungsfreie Gewinne soIlen besonders abgeschöpft werden: Dafür kämpft die SP seit langem. Doch nun droht an der Lagerstrasse und beim Pfingstweidpark genau das Gegenteil, nämlich «Gewinne privat, die Kosten dem Staat». Das gilt es zu verhindern.
Jacqueline Badran
Seit Jahrzehnten ringt die SP um zahlbares Wohnen. Dabei folgt sie einer klipp und klaren Systematik: Die Bodenrente soll eingedämmt und sozialisiert werden. Die Bodenrente bezeichnet die Gewinne auf dem Boden. Das können Gewinne durch Verkauf, Einnahmen durch Pacht oder Miete sowie die Gewinne durch Planungsentscheide sein. Diese Gewinne zeichnen sich dadurch aus, dass sie komplett leistungsfrei, allein durch das Eigentum an Boden (oder Immobilien) begründet sind und ohne Wertschöpfung anfallen. Deshalb kennt unser System Mittel, diese leistungsfreien Gewinne besonders abzuschöpfen. Die Grundstückgewinnsteuer ist hoch und fällt bei Verkauf an; Planungsgewinn-Abschöpfungen von mindestens 20 Prozent haben wir bindend mit der Revision des Raumplanungsgesetzes endlich eingeführt. Und die Mieten dürfen theoretisch nur einen beschränkten Gewinn abwerfen. Damit werden die Bodenrenten allesamt entweder eingedämmt wie bei der Miete oder sozialisiert wie bei den Grundstückgewinnen und Verkaufsgewinnen.
In den letzten Jahren hat die SP ihr Engagement dieser Logik folgend massiv verschärft. Teilweise mit grossem Erfolg. Beispielsweise wurde der stark umkämpfte Grundsatzartikel, wonach das nichtrenditeorientierte Wohnen stetig auf 33 Prozent erhöht werden muss, von 76 Prozent der Stimmenden angenommen. Schärfstes (abstruses) Gegenargument war, dass wir uns dies finanziell nicht leisten könnten. Darüber hinaus seien Genossenschaften indirekt subventioniert, da man noch mehr Baurechtszinsen von diesen verlangen könnte.
Sicher nicht noch fürs Land zahlen!
Wenn es aber um die konkrete Umsetzung dieser klar ausgerichteten Bodenpolitik geht, bekundet die SP mitunter Mühe. Jüngstes Beispiel ist der im Gemeinderat durchgewunkene Kredit für den Ausbau der Lagerstrasse an der Europa-Allee beim Hauptbahnhof von 16,7 Mio. Franken. 8,9 Mio. sind für den Kauf eines Strassenstreifens von den SBB. Auf dem 80 000 m2 grossen Areal haben die SBB bereits riesige leistungsfreie Gewinne realisiert. Allein durch die höhere Ausnutzung von 50 Prozent, die mit dem Gestaltungsplan 2006 bewilligt wurde, erzielten die SBB rund 160 Mio. Franken Planungsgewinne. Für den Verkauf von 7403 m2 Bauland für den UBS-Neubau in der Mitte des Areals haben sie 2010 rund 200 Mio. Franken kassiert. Das ist vermutlich der höchste je erzielte Preis in Zürich. Planungsgewinne wurden keine abgeschöpft. Im Gegenteil: Wir haben riesige Summen an Zürcher Steuergeldern in die nochmalige Aufwertung des Areals gepumpt. Jetzt den SBB noch den Landstreifen abzukaufen, um ihnen mit dem Bau einer Allee nochmals das Areal aufzuwerten, ist geradezu grotesk. Eine entschädigungspflichtige Wertminderung liegt ja eben gerade nicht vor. Genau das ist eine ziemlich direkte Subventionierung von Immobilieneigentümerinnen. So geht man doch nicht mit Steuergeldern um. Nur um Klarheit zu schaffen, ich bin nicht gegen den Ausbau der Strasse mit einem Veloweg und netten Bäumen. Aber das Land müssen uns die SBB entschädigungsfrei abgeben. Fraglos.
J. Badran: Subventionierte Immobilienbranche (P.S.29.8.2013, ganzer Artikel)