Der Aufschlag der Elternbeiträge, die der Gemeinderat am 3. September gegen die Stimmen von AL und Grünen beschlossen hat, ist happig. Für jedes der 5500 Kinder, die einen von der Stadt subventionierten Platz in einer Krippe haben, zahlt man im kommenden Jahr im Schnitt 660 Franken mehr. Für jedes der 12000 Schulkinder, die in Horten betreut werden, beträgt der Aufpreis im Schnitt 560 Franken.
Die Beiträgserhöhungen sind zwar nach Einkommen abgestuft. Bereits bei einem steuerbaren Einkommen von 60‘000 Franken wird ein Vierpersonenhaushalt aber für die Betreuung von zwei Vorschul-Kindern während fünf Tagen 1800 Franken mehr bezahlen müssen.
Die Massnahme stiess bis in die SP hinein auf Akzeptanz, weil die Stadt unter den Mehrkosten für die ausserfamiliäre Kinderbetreuung ächzt.
Das Kostensenkungsprogramm
Die Erhöhung der Elternbeiträge ist nur ein Teil eines Kostensenkungsprogramms, das der Stadtrat bereits 2009 eingeleitet hat.
In den Horten, die 100 Millionen oder 60 Prozent der städtischen Mittel für die Kinderbetreuung binden, wird ein umfassendes Sparprogramm bereits umgesetzt. Dem Personal werden Ferien gekürzt und die Zahl der Kinder pro Betreuungsperson wächst. Zudem wird es in den Horten immer enger. Dramatisch ist die Lage vor allem in den stark wachsenden Quartieren (Zürich-Nord, Schulkreis Letzi), wo die Stadt den Raumbedarf nur noch decken kann, weil der pro Kind zur Verfügung zu stellende Raum von 4 auf 2 Quadratmeter gesenkt worden ist.
In den Krippen ist der Anteil der subventionierten Plätze seit 2008 wieder auf tiefe 37 Prozent gesunken. Zwei Drittel der Eltern zahlen den vollen Tarif von mehr 2100 Franken pro Monat. Und weil die Stadt den privaten Krippen nicht die vollen Kosten vergütet, würden diese ohne die „Vollzahler“ auch gar nicht mehr überleben können.
Die Sparmassnahmen des Stadtrats senken die Qualität und erhöhen die Kosten. Das hat Folgen. Einkommensstarke Haushalte weichen auf private Lösungen aus (eine Nanny ist bequemer und billiger als ein Hortplatz). Und mittelständische Familien überlegen sich zweimal, ob und wie viel der zweite Elternteil arbeiten soll.
Die Finanzierungsfrage stellen
Wohlgemerkt: Trotz Sparmassnahmen ist die Stadt Zürich weiterhin Musterschüler in Sachen Betreuungsangebote. Und die vom Gemeinderat verabschiedeten Aufschläge bei den Elternbeiträgen kompensieren gerade mal die Mehrausgaben eines Jahres. Trotzdem muss die Kehrtwende der Stadt, die 2005 voll Enthusiasmus den flächendeckenden Ausbau der Kinderbetreuung in Angriff genommen hat, zu denken geben.
„It’s the economy, stupid“ hiess es in der Kampagne, mit der Clinton die Wahl gegen Bush gewann. Auf die Probleme der Kinderbetreuung müsste es heissen: Wer nicht über die Finanzierung der ausserschulischen Kinderbetreuung reden will, soll nicht so tun, als wolle er die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gewährleisten.
Wer Gleichstellung konkret umsetzen will muss auch bereit sein, die Kosten von Horten und Krippen nicht nur auf die Eltern und die Gemeinden und Städte zu verteilen. Neben diesen müssen auch der Bund und die Kantone, die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler und auf die Unternehmen zur Mitfinanzierung verpflichtet werden.
Wenn dies gelänge wären die 300 Millionen, die die Stadt Zürich für ein der Nachfrage entsprechendes, qualitativ gutes, breit gefächertes und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Eltern angepasstes Betreuungsangebot braucht, ohne Qualitätsabbau ganz locker zu finanzieren.