(Niggi Scherr) Art. 48bis der Stadtzürcher Gemeindeordnung hält klar fest: „Das Amt eines Mitglieds des Stadtrates ist unvereinbar mit irgendeiner anderen besoldeten Stelle. Die Mitglieder des Stadtrates dürfen weder Aufsichts- noch Führungsgremien von juristischen Personen angehören, welche die Erzielung eines Gewinns anstreben.“
Wolff und INURA: De facto out – de jure nicht
Richard Wolff war bis zu seiner Wahl mit einer Einlage von 7‘000 Franken einer von drei Gesellschaftern und Geschäftsführern der Inura Zürich Institut GmbH. Auf den 1. Juni 2013 hat er dort seinen Büroplatz geräumt und ist auch aus der Firmenpensionskasse ausgeschieden. Wie auf der Firmen-Webseite klar kommuniziert wird, übt er ab diesem Datum keine Funktionen mehr in der Firma aus; er bezieht auch keinerlei Einkommen mehr aus der Inura GmbH. Allerdings hat er es versäumt, den Handelsregistereintrag entsprechend zu korrigieren. De facto hat Richard Wolff damit zwar alle operativen und Leitungsfunktionen abgegeben, de iure jedoch nicht. Ein Verstoss gegen die Regeln, keine Frage. Offenbar hat sich Richard Wolff dabei gutgläubig auf eine amtsinterne juristische Auskunft verlassen, wonach dieses Vorgehen für die Übergangsphase bis zur Gesamterneuerungswahl am 9. Februar 2014 zulässig sei. Er wollte sich damit auch für den Fall einer Nichtwiederwahl eine Türe zu seinem alten Job offen halten. Wie er über seinen Mediensprecher Reto Casanova mitteilen liess, wird er die Löschung des Handelsregistereintrags umgehend veranlassen und die Sache damit in Ordnung bringen.
NZZ und Radio SRF: etwas viel heisse Luft
Soweit die Fakten. Dass die NZZ recherchiert und auf den Regelverstoss aufmerksam macht, gehört zum normalen Wächteramt der Medien. In ihrem gross aufgemachten Artikel versteigt sie sich allerdings unbelegt zur Behauptung, Richard Wolff habe eine Ausnahmebewilligung für ein Nebenamt erhalten (eine solche Bewilligung hätte ihm nur der Stadtrat erteilen können), und erweckt zudem den Eindruck, er würde dieses faktisch auch ausüben. Unerfindlich bleibt, warum ausgerechnet Radio SRF die Geschichte weiter aufbauscht und willfährigen und profilierungsbedürftigen Kommunalpolitikern eine Plattform bietet, die Moralkeule zu schwingen. Am lautesten gebärden sich – irgendwie verständlich – FDP und Grünliberale (GLP), die beiden Looser der Stadtratsersatzwahl. Bar jeder Faktenkenntnis fordert etwa der grünliberale Fraktionspräsident Gian von Planta, Richi Wolff solle sich gefälligst auf seinen Hauptjob als Stadtrat konzentrieren, er habe ja schliesslich das Zusatzeinkommen aus der Inura nicht nötig…
Richi hat eigentlich kein Provisorium nötig
Irritiert hat mich ein wenig, dass Richi Wolff überhaupt eine solche vorläufige Regelung beim Handelsregistereintrag angestrebt hat. Die AL und die ganze Wahlkampfcrew, die bereits seit Wochen die Wahlen vom Februar 2014 mit viel Power vorbereiten, sind voller Zuversicht, dass er sich im Stadtrat wird halten können.
Kein Vergleich mit Ledergerber
“Dass ausgerechnet ein Vertreter der Alternativen Liste,” – so die NZZ – “deren Exponenten gerne bei jeder sich bietenden Gelegenheit Transparenz einfordern, bei sich selbst mit anderen Ellen misst, entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Es waren die Alternativen, die vor Jahren beim damaligen Stadtrat Elmar Ledergerber auf dessen heikle Verbindungen aufmerksam machten.”
Ein völlig verquerer Vergleich! Ich machte Ledergerber in einer Interpellation 1998 scharfe Vorwürfe wegen der unstatthaften Verquickung von Amtspflichten und privaten Mandaten. Der damalige städtische Bauvorstand hatte sechs Monate nach Amtsantritt (!) zusammen mit drei Kollegen die Immobilienfirma Rockstone AG gegründet, die die Überbauung des Steinfels-Areals plante. Für mich war das ein krasser Fall eines Interessenkonflikts – nicht vergleichbar mit dem formalen Regelverstoss von Stadtrat Wolff (den ich damit nicht bagatellisieren will).
Medienmitteilung Polizeidepartement (21.8.2013)
Stadtrat Wolff und sein Nebenamt (NZZ 21.8.2013)
Stossende Sonderregel (NZZ 21.8.2013)
Wolff muss sich entscheiden (NZZ online 20.8.2013)
Wolff räumt Fehler ein (NZZ 22.8.2013)
Wolffs verspäteter Firmenaustritt (TA 22.8.2013)
Regionaljournal SRF (21.8.2013)