Die NZZ und der „angeschossene“ Wolff
(ns) Die NZZ hat sich bisher betont sachlich, zugleich aber auch mit einer klar kritischen Position gegenüber der Kandidatur von Marco C geäussert. Am 8. April drehte der Wind plötzlich. In einem schönfärberischen Bericht über das Radio-1-Podium vom Sonntag lobte Michael Baumann (mbm.) – entgegen allen Wahrnehmungen objektiver Beobachter – den FDP-Kandidaten als „angriffig“ über den Klee, während Richard Wolff „angeschossen“ gewirkt habe. Schon die aggressive Wortwahl spricht Bände: „Angeschossen“ sind Tiere, die gejagt werden, Kandidaten können bestenfalls „angeschlagen“ sein; bis zum „Abschuss“ ist es da nicht mehr weit…
Hirnverbranntes bleibt hirnverbrannt
Nach seinem früheren, vielkritisierten „Herumeiern“ versuchte es der FDP-Kandidat am Radio-1-Streitgespräch, angestachelt von den Scharfmachern der SVP im Hintergrund, diesmal mit unbeholfenen Tiefschlägen auf seinen Gegenspieler. So mit der Behauptung, nach einer Wahl von Wolff gäbe es in Zürich nur noch zwei Wochen altes trockenes Brot in den Gestellen… Und aus der Tatsache, dass Richard Wolff als Jugendlicher 1969-1972 drei Jahre in Venezuela gelebt hat, schloss Marco C messerscharf, dass er nach seiner Wahl subito in Zürich den Chavez-Sozialismus einführen werde. Wenn die NZZ für solchen Polit-Dadaismus das Prädikat „angriffig“ verleiht, halte ich es mit dem AL-Kandidaten, der diese abstrusen Unterstellungen als hirnverbrannt qualifizierte. Was ihm allerdings ein paar Tage später in einem weiteren Anti-Wolff-Artikel von NZZ-Redaktor Reto Scherrer („Wolff ohne Fell“) den Vorwurf eintrug, er sei dünnhäutig und reagiere überempfindlich.
Wer nichts zu bieten hat, schmeisst Dreck auf den Gegner
Wer vom eigenen Kandidaten nicht überzeugt ist und wem dazu nichts Lobenswertes einfällt, schmeisst Dreck auf den Gegner. Besonders praktisch ist es, wenn man die Drecksarbeit nicht selber erledigen muss, sondern andere vor den Karren spannen kann. Die CVP bietet sich dafür geradezu an. Sie war bei den letzten Wahlen mit 5.7% Wählerstimmen nur wenig stärker als die AL und muss im kommenden Februar bei den Gesamterneuerungswahlen um ihren nur schwach abgestützten Stadtratssitz fürchten. Als kleinster Partner im bürgerlichen Block ist sie für erpresserische Forderungen seitens der FDP besonders anfällig.
Die CVP geht fremd
So kommen wir zum Wahlkampfschluss in den Genuss einer dreiteiligen Anti-Wolff-Inseratenserie – unterzeichnet von CVP-Exponenten, zugegebenermassen aber finanziert durch die FDP (die CVP ist bekanntlich praktisch pleite). Kostenpunkt der bisher erschienenen Inserate: rund 15‘000 Franken. Der amtierende Parteipräsident Hungerbühler brandmarkt Richard Wolff als „Sicherheitsrisiko“, Ex-Fraktionspräsident Traber als „Verachter (sic!) des Privateigentums“ und eine nachgerückte Hinterbänklerin aus der CVP-Fraktion wirft ihm utopisches Denken vor. Irgendwie war ich bisher der Meinung, dass auch im Christentum eine gehörige Portion Utopie steckt, der Traum vom Reich Gottes, wo Frieden und Gerechtigkeit herrschen. Davon scheint im Sumpf der Zürcher Realpolitik nicht mehr viel übriggeblieben zu sein. Na ja, so kommt es eben, wenn man sich – von der FDP gesponsert – markige Sprüche aus der PR-Küche der FDP- und Camin-Hausagentur Markenplan in den Mund legen lässt…
Redaktionelle Orchestrierung durch die NZZ
Als redaktioneller Verstärker der Kampagne betätigte sich einmal mehr mbm., der in der NZZ prompt einen Artikel „Warnung vor dem bösen Wolff“ dazu publizierte. Etwas gar prompt, denn die redaktionelle Schleichwerbung für die dreiteilige CVP/FDP-Inseraten-Serie wurde bereits am späten Donnerstagabend online aufgeschaltet, Stunden bevor das letzte Inserat überhaupt in der Printausgabe erschienen war…
All das zeigt für mich nur eins: unsere Gegner nehmen die Kandidatur Wolff ernst, sehr ernst. Sie haben Angst vor seiner Kompetenz, sie fürchten seinen Biss. Das ist gut so. Das zeigt, dass wir auf dem rechten Weg sind. Jetzt dürfen wir nicht nachlassen in der Mobilisierung!