An der Hohlstrasse, schräg gegenüber des Letziparks, werden 150 bezahlbare Wohnungen gebaut. Die Stadt kauft der SBB das 10’000 Quadratmeter grosse Letzibach-Areal für 1800 Franken pro Quadratmeter ab – gerade so viel, dass genossenschaftlicher Wohnungsbau noch möglich ist.
Es sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, dass die SBB nicht mehr benötigtes Bahnland der Stadt zurückgibt. Seit ihrer Privatisierung ist die SBB jedoch auch eine Immobilien-Spekulantin. Auch das Letzibach-Areal wäre deshalb nicht an die Stadt sondern an den Meistbietenden verkauft worden, wenn der Gemeinderat vor drei Jahren nicht die Reissleine gezogen hätte.
Protestaktion gegen die SBB-Immobilienpolitik anlässlich des Bundesrats-
Besuchs im Hotel Greulich im Juli 2006
Pfiffiger Vollenwyder
Damals wurde im Stadtparlament der „Westlink“ verhandelt. Für den heute kurz vor der Vollendung stehenden Prestige-Bürobau am Vulkanplatz sollten 2000 Quadratmeter städtisches Bauland an die SBB verkauft werden. Die Mehrheit des Gemeinderates wollte diesem Verkauf nur zustimmen, wenn die SBB zu einem Gegengeschäft bereit wäre.
Ich hätte im Februar 2010 die ablehnende Mehrheitsposition im Gemeinderat vertreten dürfen. Mein damaliger Gegner – der pfiffige Martin Vollenwyder – verhinderte meinen Auftritt. Mit einer vom Stadtrat in eigener Kompetenz beschlossenen nachbarrechtlichen Vereinbarung sorgte er dafür, dass der „Westlink“ auch ohne Kauf des städtischen Landes und ohne formelle Zustimmung des Gemeinderats gebaut werden konnte. Im Gegenzug versprach die SBB, dass sie das Letzibach-Areal an die Stadt Zürich verkaufen werde.
Am letzten Mittwoch, zwei Monate vor seinem Abschied, konnte Martin Vollenwyder nun endlich den Vollzug seines Versprechens vermelden. Dass der Finanzvorstand den Immoheinis der SBB einen vernünftigen Preis abringen konnte, ist keine Selbstverständlichkeit.
Freilager: Familienwohnung für 3000 Franken
Vom zweiten Wohnprojekt im Kreis 9, über das der Gemeinderat gestritten hat, gibt es weniger Erfreuliches zu berichten. Die Familienwohnungen auf dem Freilager-Areal sollen 2900 bis 3100 Franken kosten. Wer gehofft hatte, dass die Besitzer neben den geplanten 200 Studentenzimmern noch einen weiteren Beitrag für ein durchmischtes Wohnquartier leisten würden, muss bitter enttäuscht sein.
Als im November 2008 über die Umzonung des Areals abgestimmt wurde, war in der Abstimmungszeitung der Stadt noch zu lesen, dass auf dem Freilager „nebst Wohnungen für kaufkräftige Haushalte auch viele Wohnungen für den Mittelstand, für Einzelpersonen und für Familien mit geringem Einkommen“ gebaut würden. Dieses Versprechen haben die damalige Bauvorsteherin Kathrin Martelli und die Investoren nicht eingelöst.
Der Streit um das Zollfreilager hat trotzdem sein Gutes. Bei diesem Geschäft begann Zürich darüber zu reden, ob man private Eigentümer bei Um- und Aufzonungen nicht darauf verpflichten müsse, auch preisgünstige Wohnungen zu bauen. Kathrin Martelli lehnte dies kategorisch ab. In der Abstimmungszeitung stand, dass man „Private“ auch dann „nicht zum Bau von gemeinnützigen Wohnungen zwingen“ könne, wenn sie dank planerischen Massnahmen traumhafte Gewinne realisieren.
Es braucht weiterhin Biss
Heute ist man anderer Meinung. Vor zwei Wochen hat der Gemeinderat beschlossen, dass bei wertvermehrenden Um- und Aufzonungen Gestaltungspläne erlassen werden sollen, in denen ein Mindestanteil von preisgünstigen Wohnungen festzulegen sei. Neben der ewig-bockigen SVP stimmte nur die FDP gegen die von der AL ausgearbeitete Motion.
Es hat etwas Biss von ganz links gebraucht, um diesem neuen Denken zum Durchbruch zu verhelfen. Es wird etwas Biss im Stadtrat brauchen, damit diese Regeln auch durchgesetzt werden.
Artikel von Walter Angst als PDF (Zürich West 14. März 2013)