Leupi: „Latente“ Gefahr flächendeckender Wegweisungen
„Es besteht allerdings eine latente Gefahr“ – so die Medienmitteilung des Polizeivorstehers vom 20. März 2013 – „dass das Instrument der Wegweisung zu schnell und zu flächendeckend angewendet wird. Der Einsatz dieses Instruments stellt deshalb hohe Anforderungen an die Polizistinnen und Polizisten, die vor Ort im Einzelfall entscheiden und dabei immer auch die Verhältnismässigkeit beachten müssen. (…)
Angesichts des starken Anstiegs und aufgrund verschiedener Rückmeldungen und kritisch beurteilter Vorfälle im Frühjahr 2012 intervenierte Polizeivorsteher Daniel Leupi und erteilte der Stadtpolizei den Auftrag, eine Übersicht über das niederschwellige und sensible Instruments der Wegweisung zu erstellen und deren Anwendung zu überprüfen. Gestützt hierauf hat die Stadtpolizei zudem eine laufende und umfassende Evaluation bzw. Erfolgs- und Wirkungskontrolle durchzuführen. Die Evaluation soll über mindestens ein Jahr hinweg erfolgen.“
Vorgedruckte Blanko-Wegweisungen
Die Gefahr von flächendeckenden Wegweisungen ist alles andere als bloss „latent“. Wie routinemässig sie als Allzweckwaffe gegen missliebige Personen eingesetzt werden, zeigt die Tatsache, dass schon seit längerem etwa für das Langstrassenquartier vorgedruckte Blanko-Wegweisungen existieren, bei denen wahlweise die eine oder andere Hälfte des Quartiers (rot oder grün) angekreuzt werden kann. Auf der Rückseite findet sich in acht Sprachen – englisch, französisch, spanisch, portugiesisch, ungarisch, rumänisch und bulgarisch folgender Hinweis:
„Ihr Verhalten und die von Ihnen ausgeführte Tätigkeit an dieser Örtlichkeit, stellt eine erhebliche Belästigung Dritter dar und gefährdet die öffentliche Ordnung. Sie werden gestützt auf §33 Polizeigesetz für 24 Stunden von dieser Örtlichkeit weggewiesen. Dies bedeutet, dass Sie sich für diese Dauer nicht mehr im öffentlichen Raum des von der Polizei bezeichneten Gebietes aufhalten dürfen. Sollte Ihre Unterkunft im bezeichneten Gebiet liegen, dürfen Sie auf direktem Weg und ohne stehen zu bleiben, zu Ihrer Unterkunft hin- oder weggehen. Bei Widerhandlung gegen diese Wegweisung, werden Sie in eine Polizeidienststelle gebracht. mit einer schriftlichen Verfügung erneut weggewiesen und beim Stadtrichteramt zur Anzeige gebracht.“
Verwaltungsgericht stoppt Wegweisungsexzess
Obwohl das Polizeigesetz an sich nur eine maximale Wegweisung für 14 Tage vorsieht, sind längere Wegweisungen z.B. gegenüber Prostituierten gang und gäbe. So erhielt etwa eine im Langstrassenquartier wohnhafte Sexworkerin im November 2012 eine Wegweisung aus ihrem Wohnquartier für sechs Wochen. Die übereifrige Stapo wurde erst durch eine vom Verwaltungsgericht am 24. Januar 2013 gutgeheissene Beschwerde gestoppt.
Medienmitteilung des Polizeivorstands vom 20. März 2013 mit Statistik Blanko-Wegweisung für das Langstrassenquartier
Beschlussesantrag der AL-Fraktion für GPK-Untersuchung vom 19.9.2012
Protokoll der Behandlung im Gemeinderat vom 31. Oktober 2012
Wegweisung: Auszug aus dem Polizeigesetz
Aktuelle Infos zum Thema immer auf www.stoppwegweisungen.ch