Nur wenige Stimmen besiegelten das Schicksal des von FDP, SP, CVP und Baudirektor Kägi (SVP) promoteten Polizei- und Justizzentrums (PJZ). AL und Grüne haben zusammen mit den Grünliberalen, der SVP, der EDU und ganz vereinzelten SP-Abstinenzlern dafür gesorgt, dass der 600-Millionen-Franken teure Megablock nicht gebaut wird.
Zahlbare Wohnungen und Gewerberäume
Aus dem Alptraum, der das Bullingerquartier nach der Freude über die endlich greifende Verkehrsberuhigung auf der Westtangente in eine neue Depression gestürzt hätte, ist eine Chance geworden. Das Areal des Güterbahnhofs ist frei für kreative Übergangsnutzungen und ein Modellprojekt, das zum Kontrapunkt zu den Zerstörungen der städtischen Aufwertungspolitik werden könnte.
Drei Dinge brauchen die vom enormen Preisdruck auf dem privaten Immobilienmarkt bedrohten BewohnerInnen in Aussersihl, dem Bullinger- und dem Letziquartier: Preisgünstige Wohnungen, bezahlbare Gewerberäume und weitere Massnahmen zur Reduktion des Verkehrs in den Wohngebieten.
AL und Grüne gehen in die Offensive
Wer Antworten auf diese Bedürfnisse geben will, muss für ein beherztes Auftreten der Stadt Zürich eintreten. Nach dem Nein zum PJZ dürfen wird uns nicht damit zufrieden geben, mit Baulinien und Gestaltungsplänen die ästhetischen Eckwerte für die neuen Nutzungen auf dem Güterbahnhof zu definieren. Nicht der Markt, sondern die Bewohner/-innen dieser Stadt sollen entscheiden, wer in zwanzig Jahren auf dem Areal des Güterbahnhofs leben und arbeiten wird.
AL und Grüne haben am letzten Mittwoch im Gemeinderat den Weg gezeigt, wie diese Utopie Realität werden kann. Die Grünen verlangen mit einer Motion, dass die Stadt Zürich eine Planungszone über das Areal des Güterbahnhofs legt und so die Hoheit für die künftigen Planungsschritte an sich reisst. Die AL fordert den Stadtrat auf, das Land des Güterbahnhofs zu erwerben. Mit dem Kauf könnte eine demokratische Planung beginnen, in deren Rahmen nicht nur über Nutzungsoptionen und Preise zu diskutieren sein wird, sondern auch die Bauträger ausgewählt werden können, die die Projekte realisieren.
Verlegung des Durchgangsverkehrs
Mit dem Kauf des Güterbahnhofs und der Einrichtung einer Planungszone könnte im übrigen auch der historische Fehlentscheid, den Durchgangsverkehr zwischen Seebahnstrasse und Hardplatz weiterhin über die Hohlstrasse zu führen, revidiert werden. Wegen des Polizei und Justizzentrums fanden die Genossenschaften, deren Wohnsiedlungen an der Hohlstrasse stehen, bisher kein Gehör für ihre Forderung, diesen Durchgangsverkehr auf die Nordseite des Güterbahnhofs – entlang der SBB-Geleise – zu verlegen. Die Möglichkeit, zwischen Bulllingerplatz und dem Güterbahnhof ein Quartier zu schaffen, das nicht mehr von der verkehrsreichen Hohlstrasse durchschnitten wird, sollten wir jetzt auch packen können.
(Zürich West 30. September 2010)