Drei Wochen früher hat das Polizeidepartement ein Submissionsverfahren für die Vergabe des „Ordnungs- und Sicherheitsdienst(es)“ in der ZAS gestartet, in dem die Aufträge der privaten Hilfspolizisten detailliert aufgeführt werden. Die „SachbearbeiterIn Ordnungs- und Sicherheitsdienst in der ZAS“ soll – Zitat – „die Stadtpolizei unterstützen bei:
- der Zuführung von Personen
- der Abwicklung des Eintritts-Prozedere
- der Betreuung während des Aufenthalts
- Sicherheitsmassnahmen wie z.B. der Fesselung von Renitenten
- Der Abwicklung des Austritts-Prozedere
sowie nach Bedarf
- Hilfestellung beim Umkleiden oder ev. beim Duschen
- Situationsbedinge Reinigungsarbeiten im Sinne hygienischer Sofortmassnahmen (beispielsweise grobe Reinigung der Zellen bei Verunreinigung durch Klienten)“
Dass diese Aufgaben nicht wahrgenommen werden können, ohne das staatliche Gewaltmonopol und das nicht delegierbare Recht zum Einsatz von Zwangsmassnahmen zu verletzen, ist offensichtlich.
Von dieser Ausschreibung hat die RPK, die den mit dem Novemberbrief vom Stadtrat gestellten ZAS-Antrag im Eilverfahren prüfen musste, nichts gewusst. Dass den Verantwortlichen im Gesundheits- und Umwelt- und im Polizeidepartement die Problematik des Einsatzes von privatem Sicherheitspersonal in einer städtischen Haftanstalt – um nichts anderes handelt es sich bei der vom Stadtrat in der Ausschreibung euphemistisch als „Dienststelle“ umschriebenen Einrichtung – nicht bekannt gewesen war, kann ausgeschlossen werden. Robert Neukomm und seine Nachfolgerin im Polizeidepartement haben bei der Einrichtung des ersten Zivilschutzbunkers für renitente Flüchtlinge in der Waid und den Diskussionen um das Vermittlungs- und Rückführungszentrum genügend Erfahrungen mit Haftanstalten gesammelt, mit denen man sich am Rande von Rechtsstaatlichkeit und Legalität bewegt.
Am 3. Januar ist der Skandal, dass wieder einmal Vertreter/-innen der Sicherheits-Partei einen Tabubruch vollziehen, dank der Arbeit eines aufmerksamen Journalisten der NZZ am Sonntag bekannt geworden.
Jetzt ist es Aufgabe der Gemeinderatsmehrheit, die am 12. Dezember den 275‘300 Franken zugestimmt hat, und des Stadtrats, das Ei wieder zu entfernen, das Ihnen zwei Exekutivmitglieder kurz vor ihrem Abgang ins Nest gelegt haben. Die AL beteiligt sich an dieser Arbeit mit einer schriftlichen Anfrage zum unseligen Submissionsverfahren – eine schriftliche Anfrage, die dreissig von Ihnen heute Abend mit Ihrer Unterschrift dringlich erklären können.
Schriftliche Anfrage von Walter Angst (AL) und den Mitunterzeichner/-innen
Gemäss NZZ am Sonntag vom 3. Januar 2010 ist in den detaillierten Unterlagen der am 20. November 2009 erfolgten Ausschreibung des Auftrags „Sicherstellung des Ordnungs- und Sicherheitsdienstes in der Zentralen Ausnüchterungsstelle (ZAS) unter Leitung der Stadtpolizei“ festgehalten, dass das private Sicherheitspersonal die Stadtpolizei „bei Sicherheitsmassnahmen wie zum Beispiel der Fesselung von Renitenten“ unterstützen wird. Fachleute kritisieren den Einsatz privater Sicherheitsleute in einer staatlichen Hafteinrichtung. Professor Andreas Lienhard wird im erwähnten Artikel wie folgt zitiert: „Aufgaben, bei denen körperlicher Zwang angewendet wird, darf der Staat streng genommen nicht auslagern. Hier werden Grundrechte wie die persönliche Freiheit und das staatliche Gewaltmonopol tangiert“.
Wir bitten den Stadtrat in diesem Zusammenhang um die Beantwortung der folgenden Fragen:
- Handelt es nach Ansicht des Stadtrates bei der Zentralen Ausnüchterungsstelle um eine Haftanstalt?
- Welche Aufgaben haben die privaten Sicherheitsleute zu übernehmen, welche Aufgaben werden ausschliesslich Beamtinnen und Beamte der Stadtpolizei ausführen?
- Welche Zwangsmassnahmen dürfen die privaten Sicherheitsleute in welchen Situationen anwenden?
- Wie sehen die Schichtpläne der in der ZAS zum Einsatz kommenden StadtpolizistInnen aus? Ist immer eine Stadtpolizistin, die hoheitliche Aufgaben wahrnehmen kann, vor Ort?
- Wie kann sichergestellt, dass die Arbeitsteilung auch in besonderen Situationen (Vollbelegung, Überlastung der im ZAS eingesetzten Polizei-Beamten, Krisensituationen in der ZAS) eingehalten wird und die privaten Sicherheitsleute keine Handlungen vornehmen, die das staatliche Gewaltmonopol in Frage stellen?
- Wann ist oder wann wird der ausgeschriebene Auftrag von wem vergeben? Wer hat den Zuschlag erhalten (falls der Auftrag schon vergeben worden ist)?
- Welche Ausbildung haben die eingesetzten privaten Sicherheitsleute?
- Welche Erfahrung im Umgang mit drogenabhängigen und alkoholisierten Personen haben die privaten Sicherheitsleute?
- Haben andere schweizerische Polizeikorps oder Hafteinrichtungen vergleichbare Aufträge an Private vergeben?
- Ist der Stadtrat bereit, auf den Einsatz von privatem Sicherheitspersonal in der ZAS zu verzichten und dem Gemeinderat mit den Zusatzkrediten 1/2010 die nötigen Mittel für den Betrieb mit regulärem Polizeipersonal zu beantragen?