Konkrete Blicke in die finanzpolitische Suppenküche hat der Stadtrat dem Gemeinderat trotz Budgetkompetenz und Öffentlichkeitsprinzip verweigert. Es macht deshalb wenig Sinn, hier weiter über finanzpolitische Weichenstellungen zu sinnieren, die wir gar nicht kennen. Offensichtlich ist jedoch, dass der Stadtrat trotz dem massiven Einbruch bei den Steuereinnahmen auf einschneidende Sparmassnahmen verzichtet hat. Für den Verzicht auf finanzpopulistische Hektik gebührt dem Stadtrat ein Lob. Da nicht absehbar ist, ob und wann die Finanzinstitute wieder zu ihrer alten Steuerkraft zurückfinden werden, da zudem das Wachstum der Bevölkerung und die Volksschulreform Investitionen und Zusatzausgaben im grossen Stil zwingend erforderlich machen, ist klar: Die Auseinandersetzung um die Ressourcenverteilung wird in den nächsten Jahren auch in der Stadt Zürich wieder härter werden.
Die Wählerinnen und Wähler, die am 7. März einen neuen Gemeinderat wählen, sollten deshalb wissen, für welche verteilungspolitischen Ziele sich die sich zur Wahl stellenden Parteien stark machen. Das wollen wir hier tun. Bei der Diskussion des Budgets 2010 und der folgenden Voranschläge hat und wird sich die AL von den folgenden Grundsätzen leiten lassen:
- In der Bildung und der ausserschulischen Kinderbetreuung darf nicht gespart werden. Der Ausbau der Horte von den heute 7000 auf die tatsächlich benötigten 12000 Plätze, die vom Volksschulgesetz vorgeschriebenen Mindeststunden für die Sprachförderung fremdsprachiger Schulkinder (DAZ), der Stütz- und Förderunterricht und die Erhöhung der Zahl der mit städtischen Beiträgen solidarisch finanzierten Betreuungsplätze für Kinder sind auch in schlechten Zeiten keine verhandelbaren Grössen.
- Der Schwerpunkt der Investitionen muss von den Prestigeprojekten des Stadtrats und den die Boomtownprozesse anheizenden Aufwertungsvorhaben auf die dringenden Bedürfnisse der Bevölkerung umgestellt werden. Statt einer Taskforce für die Realisierung eines Kongresszentrums braucht es eine Taskforce für den Bau des Schulhauses Ruggächer. Statt der Realisierung von Alleekonzepten für den Strassenraum im Kreis 4 muss in den Kauf von Bauland und die Realisierung neuer städtischer Wohnsiedlungen investiert werden. Die Vertreibung von einkommensschwächeren Haushalten in die Agglomeration darf nicht noch einmal zur finanzpolitischen Strategie werden.
- Der Beschluss des Stadtrates, den automatischen Teuerungsausgleich für das Personal zu überprüfen, ist genauso indiskutabel, wie die von den Dienstchefs und den Stadträten immer wieder ins Auge gefassten Auslagerungen. Die Stadt Zürich muss Vorreiterin einer solidarischen Lohnpolitik bleiben. Sie muss den Einstieg in die fünfte Ferienwoche planen. Und sie muss weniger qualifizierten Menschen dauerhaft sichere
Arbeitsplätze bieten. - Der Ausgleich des Budgets muss mittelfristig Ziel bleiben. Richtgrösse ist dabei nicht das von obskuren Rechnungslegungsvorschriften bestimmte Eigenkapital, sondern die Zinsbelastung. Es muss verhindert werden, dass Zinszahlungen an die Banken den Spielraum des Gemeinwesens einschränken. Gespart werden kann mit einer sinnvollen Etappierung von Investitionen und weniger Perfektionismus im Strassenbau.
Gespart werden kann auch bei den Imagekampagnen und Aufwertungsprojekten, die die Gentrification anfeuern. Überprüft werden sollen Ausgaben dort, wo sie den Wasserkopf vergrössern und den Bewohnerinnen und Bewohnern keinen Nutzen bringen. - – Die Stadt Zürich hat genügend Polizisten und braucht keine neuen Einrichtungen zum Wegsperren von Personen, die im öffentlichen Raum unangenehm auffallen. Die Polizei hat genügend Ressourcen, um zu intervenieren, wenn es brennt. Wenn auf rassistische Schleierfahndungen gegen Schwarze, rüpelhafte Velokontrollen und Erziehungskampagnen vom Typ Respekt verzichtet wird, braucht es trotz den sich in Teilbereichen der Gesellschaft zuspitzenden Konflikten nicht mehr, sondern weniger Mittel für die Sicherheit.