Tagblatt, August 2009
Drei Wochen mussten sie warten. Erst als der Tages-Anzeiger die Geschichte aufzugreifen begann, bekamen die Ämter Beine. Am Samstag vor Schulbeginn – am Tag, als der Tagi berichtete – bekamen die betroffenen Eltern Post vom Schulamt. Es sei alles halb so schlimm, hiess es in dem Schreiben.
Die volle Wahrheit war das nicht. Denn die geht so.
Im Februar 2008 hat sich die Stadtentwicklungskommission des Gemeinderats mit dem Schulprovisorium Ruggächer und den Altlasten befasst. Die Verwaltung sagte damals, dass auf dem der Stadt Zürich gehörenden Grundstück vier Schulpavillons gebaut werden sollen. Sechs Primarschulklassen, vier Kindergärten und ein Hort sollten darin Platz finden. Geplant war auch ein Allzweckplatz oder eine Halle für die Turnstunden.
Schriftlich nachlesbar ist in den Unterlagen auch, dass die Altlasten rasch verschwinden sollten. Wörtlich heisst es in den vom Hochbaudepartement verfassten Kommissionunterlagen: „Beim Bezug des Standortes durch Kinder wird das Areal altlastenfrei sein“. Auf dieser Grundlage stimmte der Gemeinderat im April 2008 dem Bau des zweiten der insgesamt vier Pavillons zu.
Gekommen ist alles ganz anders. Von einer Sanierung der besonders stark belasteten Parzelle, die direkt neben den bestehenden zwei Schulpavillons liegt, war nach dem Beschluss des Gemeinderats nicht mehr die Rede. Der Eigentümer (sprich: die Stadt Zürich) habe im Moment kein Interesse an einer Altlastensanierung, sagte man den besorgten Eltern im Sommer 2009. Und von einem Schulprovisorium mit vier Pavillons und Allzweckplatz oder Turnhalle will heute auch niemand mehr etwas wissen. Weil das Grundstück an der Mühlackerstrasse nicht saniert wird, werden die nächsten zwei Schulpavillons nun an einem anderen Ort aufgestellt.
Auch der Startschuss für die Planung des Schulhauses Ruggächer, das dereinst einmal die Schulpavillons ersetzen soll, steht noch nicht fest. Es ist deshalb absehbar, dass die Kinder der Neubausiedlungen in Affoltern noch Jahre in verstreuten Pavillons zur Schule gehen und keine Turnhalle haben werden. Sie werden auf einen wegen den giftigen Altlasten abgesperrten Platz schauen, den die Stadt nicht saniert, weil bei der Investitionsplanung die Schulen in Affoltern keine Priorität haben.
Falsche finanzpolitische Prioritäten und Chaos bei Schulraumplanung auf Kosten von Kindern, Eltern und Lehrpersonen: Dass das die Realität in der reichen Stadt Zürich ist, konnten wir uns nicht vorstellen. Einfach hinnehmen werden wir es nicht. Am 14. August hat Walter Angst (AL) ein Postulat eingereicht, mit dem er die Verlegung der beiden bestehenden Schulpavillons auf eine nicht kontaminierte Fläche verlangt. Mit einer von mehr als 30 GemeinderätInnen unterzeichneten Anfrage will die AL zudem etwas mehr Licht in die Affäre Ruggächer bringen.
Wir sind zuversichtlich, im Gemeinderat Mehrheiten für Sofortmassnahmen und einen Neubeginn der Schulhausplanung in Affoltern zu finden.