Züri-West, Oktober 2008
Am 30. November stimmen wir über die Zonenplanänderung abgestimmt. Mit einem Nein sorgen wir dafür, dass künftig auch Menschen mit einem einfachen Einkommen Wohnungen auf dem Zollfreilager mieten können.
In Zürich sind schon lange nicht mehr so viele Wohnungen gebaut worden wie heute. Trotzdem herrscht Wohnungsnot. Sie trifft Familien, die wegen den Kindern eine grössere Wohnungen brauchen genauso wie Studierende, die über ein kleines Einkommen verfügen. Selbst für alteingesessene Zürcherinnen und Zürcher mit grossem Beziehungsnetz ist die Wohnungssuche heue ein Spiessrutenlauf.
Masslose Neubaupreise
Horrend sind die Mieten in vielen Neubausiedlungen. Private Investoren, die ihre Rendite maximieren wollen, bieten Familienwohnungen kaum noch unter 2500 Franken an. Und niemand ist schockiert, wenn in den ehemals preiswerteren Wohnquartieren in Altstetten und Albisrieden für durchschnittliche Neubauwohnungen ein Bruttomietzins von weit über 3000 Franken verlangt wird.
Auf dem sieben Hektaren grossen Zollfreilager im Letziquartier wollen die Pensionskasse der Stadt Zürich und die Winterthur-Versicherungen (AXA) tausend neue Wohnungen bauen. Das Projekt sei eine reine Kapitalanlage, sagen die Investoren. Und alle wissen, was das heisst. Wenn wir nicht die Notbremse ziehen wird auf dem Zollfreilager eine Monokultur von tausend teuren bis sehr teuren Wohnungen entstehen.
Vor der Umzonung den Bau von bezahlbaren Wohnungen vereinbaren
Mit der Zonenplanänderung geben wir das Zollfreilager für den Wohnungsbau frei. Bevor wir dies tun muss die Stadt mit den Grundeigentümern eine Vereinbarung über die Wohnungen treffen, die auf dem Areal gebaut werden sollen. Neben teuren Lofts und rendite-orientierten Appartements für eine zahlungskräftige Mieterschaft soll es auf dem Zollfreilager auch Platz haben für Mieterinnen und Mieter, die im oberen Preissegment nicht mithalten können.
Dafür braucht es einen städtebaulichen Vertrag zwischen der Stadt und den Grundeigentümern. In diesem kann vereinbart werden, dass ein Teil der tausend neuen Wohnungen von Baugenossenschaften erstellt wird. Die Genossenschaften sind dank dem Verzicht auf rendite-orientierte Mietzinsanpassungen im Schnitt ein Drittel billiger als die Privaten. Man könnte in einem städtebaulichen Vertrag aber auch vereinbaren, dass auf dem Zollfreilager bezahlbarer Wohnraum für Studierende oder für ältere Menschen erstellt wird.
Soziale Durchmischung statt städtebauliche Monokulturen
Die Pensionskasse der Stadt Zürich und die Winterthur-Versicherungen (AXA) werden solchen Lösungen nach einem Nein am 30. November nicht mehr im Wege stehen. Städtebauliche Monokulturen, wie wir sie aus Zürich-Nord kennen, sind kein nachhaltiger Wohnungsbau. Eine gut funktionierende soziale Durchmischung schafft lebendige Quartiere und zeichnet eine Stadt mit hoher Lebensqualität aus.
Von dieser Lebensqualität profitieren auch die Grundeigentümer. Sie wollen mit dem Immobilieninvestment langfristig gutes Geld verdienen. Deshalb wollen sie auf dem Zollfreilager auch keine Bürobauten erstellen. Die Drohung, dass dies nach einem Nein zur jetzt vorliegenden Zonenplanänderung geschehen würde, sind angesichts der weit weniger guten Entwicklung des Marktes für Geschäftsliegenschaften aus der Luft gegriffen.
Nochmals planen bitte
In Albisrieden, in Altstetten und in vielen anderen Quartieren der Stadt Zürich besitzen Private weitere grosse Areale, die in den nächsten Jahren für den Wohnungsbau frei werden. Bei der Vorbereitung der dafür nötigen Zonenplanänderungen müssen die Stadtplanerinnen und Stadtplaner künftig auf Vereinbarungen über den Bau von zahlbaren Wohnungen drängen. Auch private Investoren müssen ihren Beitrag zur Linderung der Wohnungsnot leisten.
Das Zollfreilager kann so zum Labor für neue Wohnbauprojekte werden, die auf eine gute soziale Durchmischung setzen. Dagegen kann niemand sein. Ein Nein am 30. November zu einer Zonenplanänderung, die (noch) nicht verbunden ist mit einer Vereinbarung über den Bau von zahlbaren Wohnungen, wird deshalb auch den Weg freimachen für eine bessere Stadtentwicklung.