1907 fiel der Grundsatzentscheid zur Stadtzürcher Wohnbauförderung, am 31. August 1924 folgten die bahnbrechenden «Grundsätze 24». Bei beiden Jubiläen lanciert die AL wegleitende wohnpolitische Forderungen.
2007: AL fordert Mindestanteil gemeinnütziger Wohnungen
2007 feierte die etablierte Politik mit viel Pomp das 100-Jahr-Jubiläum der städtischen Wohnbauförderung. In der Festschrift «Mehr als Wohnen» zogen SP-Stapi Ledergerber und die FDP-Stadtratsmitglieder Martelli (Hochbau) und Vollenwyder (Finanzen) positive Bilanz. Die AL nutzte die Gelegenheit, eine neue strategische Forderung zu platzieren. Am 6. Juni 2007 lancierte AL-Gemeinderat Walter Angst in einer Anfrage das Postulat, bei Umnutzungen von grossen Arealen einen Mindestanteil an Wohnungen auf gemeinnütziger Basis in Kostenmiete einzufordern. Mangels gesetzlicher Grundlage nicht machbar, befand der Stadtrat. 2008 ergriff die AL mit dieser Forderung das Referendum gegen die Umzonung des Zollfreilagers, scheiterte allerdings krachend bei nur gerade 22% Nein und wurde – auch aus SP-Kreisen – als Wohnraumverhindererin angeprangert. 2009 doppelte AL-Aktivistin Manuela Schiller mit einer Einzelinitiative nach, um mit einer Gestaltungsplanpflicht auf geeigneten Grossarealen einen Mindestanteil gemeinnütziger Wohnungen zu sichern. Auch hier kam ein kategorisches Nein des Stadtrats, der die Initiative sogar ungültig erklären wollte.
Durchbrüche: Manegg-Areal (2010), Letzibach D (2013) und Zollhaus (2017)
2010 gelang ein erster Durchbruch: Mit einer dringlichen Motion und Direktgesprächen mit dem Arealentwickler Losinger-Marazzi setzte eine Allianz von Gemeinderät:innen von AL, Grünen und SP bei der Umzonung des Manegg-Areals («Greencity») einen Mindestanteil von 30 Prozent gemeinnütziger Wohnungen durch.
Der nächste Streich folgte beim SBB-Areal Letzibach D an der Hohlstrasse in Zürich-Altstetten, wo zurzeit 265 Wohnungen der Stadt und städtischer Stiftungen entstehen. 2010 wollte der Stadtrat den SBB beim Bahnhof Altstetten einen Landstreifen verkaufen, um deren Grossprojekt Westlink zu ermöglichen. Nach einer Referendumsdrohung der AL zog der Stadtrat die Vorlage zurück und gewährte den SBB stattdessen ein Näherbaurecht. Im Gegenzug mussten sich diese verpflichten, auf der anderen Gleisseite ein Areal für gemeinnützige Wohnungen abzutreten. Der Kaufvertrag kam erst 2013 zustande, bis zuletzt wurde um den Preis gefeilscht. Um den Vertrag zu besiegeln, musste sogar eine Dreierdelegation des Stadtrats bei SBB-CEO Meyer in Bern vorstellig werden. Der Schätzwert des Areals betrug 24 Millionen Franken, verkauft wurde es für 18 Millionen Franken oder 1788 Franken pro Quadratmeter. Dieser Preis entspricht den Landkosten von rund 19 Prozent der gesamten Anlagekosten, welche die kantonale Wohnbauförderungsverordnung maximal erlaubt.
Beim SBB-Areal Zollstrasse wirkte die auf Antrag der Fraktion Grüne/AL 2006 beschlossene Gestaltungsplanpflicht als Türöffner für preisgünstige Wohnungen. Die SBB erhielten einen Gestaltungsplan für ihre Profit-Projekte Gleisarena und Gleistribüne; im Gegenzug mussten sie – zusammen mit der Stadt – einen Teil ihres Areals zu fairen Konditionen von 1885 Franken pro Quadratmeter an die Genossenschaft Kalkbreite verkaufen, die dort 48 preisgünstige Wohnungen erstellen konnte.
Rückenwind auf kantonaler Ebene mit § 49b PBG (2014)
2011 nahm die SP das Anliegen mit einer kantonalen Initiative auf und gab ihm damit weiteren Rückenwind. Eine breite Mitte-Links-Koalition bis zu CVP und GLP einigte sich auf den neuen § 49b des Planungs- und Baugesetzes (PBG) als Gegenvorschlag, der in der Volksabstimmung vom September 2014 wuchtig angenommen wurde. Er erlaubt den Gemeinden, bei Aufzonungen oder Gestaltungsplänen mit Mehrausnützung Mindestanteile preisgünstiger Wohnungen einzufordern. Die Umsetzung wurde durch die Regierungsräte Kägi (SVP) und Walker Späh (FDP) dann allerdings während 5 Jahren (!) verschleppt; erst 2019 wurde die Umsetzungsverordnung vom Kantonsrat genehmigt.
2024: AL lanciert Umsetzungs-Initiative
2024, zum 100-Jahr-Jubiläum der bahnbrechenden «Grundsätze 24» der Wohnbauförderung, setzt die AL mit ihrer Stadtzürcher «Umsetzungs-Initiative» zu § 49b PBG erneut einen klaren wohnpolitischen Akzent. Die Initiative, die Anfang September eingereicht wird, will in der Gemeindeordnung den Grundsatz verankern, dass bei Aufzonungen von grösseren Arealen die volle Mehrausnützung als preisgünstiger Wohnraum in dauerhafter Kostenmiete realisiert wird – der Stadtrat, der die Investoren nicht vergraulen will, fordert bloss die Hälfte. Entscheidend ist neben dem Prinzip der Kostenmiete, dass bei den preisgünstigen Wohnungen nach § 49b PBG die Landkosten bei einem maximalen Anteil der Baukosten – aktuell bei einem Viertel – gedeckelt werden.
Klare Spielregeln für die BZO 2025
Am 28. November 2021 hat das Stimmvolk den kommunalen Siedlungsplan angenommen. Was viele damals kaum realisiert haben: Er sieht insgesamt 14 grosse Gebiete in Zürich Nord, Zürich West, Sihlfeld, Altstetten, Albisrieden, Friesenberg, Wollishofen, Leimbach und Witikon vor, die baulich stärker verdichtet werden sollen. Zur Umsetzung sind grossflächige Aufzonungen im Rahmen einer Revision der Bau- und Zonenordnung (BZO) erforderlich. Diese steht bereits in den Startlöchern, 2025 wird voraussichtlich die Planauflage erfolgen.
Die AL-Initiative will rechtzeitig klare Spielregeln für die kommende BZO-Revision festlegen. Ihre Botschaft ist unmissverständlich: Es gibt keine Aufzonungen ohne substanzielle Gegenleistungen! Die grossen Investoren sollen zur Kenntnis nehmen, dass auch sie einen Beitrag leisten müssen, damit das 2011 mit grossem Mehr beschlossene wohnpolitische Ziel von einem Drittel der Mietwohnungen in Kostenmiete bis 2050 erreicht wird.